laut.de-Kritik
Der "Sound of 2015" klingt nach Liebe, Schmerz und Discokugeln.
Review von Kim LangeEs ist nicht leicht, einem Titel gerecht zu werden, den man vom britischen Sender BBC Music verpasst bekommen hat und der "Sound of 2015" lautet. Das ist also der heißeste Shit im nächsten Jahr! Denkt sich die gesamte Musikpresse und geht mit hohen Erwartungen und einer großen Portion Skepsis an die erste Platte von Years & Years ran. "Communion" bietet bis zum Erscheinungsdatum noch ganze sechs unbekannte Tracks, die restlichen sieben haben zuvor schon den Weg in die Öffentlichkeit gefunden und wurden dort auch größtenteils feierlich begrüßt.
Der britische Nummer-Eins-Hit "King" zum Beispiel, den man dank seiner Omnipräsenz in Radio, Supermärkten und Shoppingcentern hassen kann, wie man will: Er ist doch immer wieder Ohrwurm und Gute-Laune-Garant, den treibenden Synthies und den tanzbaren Beats sei Dank. Das können Years & Years übrigens wirklich sehr gut: Uns auf die Tanzfläche zerren. Ob "Shine", "Real" oder das von Diplo inspirierte "Take Shelter"- es scheint, als würden man jedes Mal aufs Neue in das Jahr 1997 hinein katapultiert werden, als man sich noch sorglos unter der Diskokugel bewegt hat. Kein Wunder, Sänger Olly Alexander ist schließlich selbst ein Kind der Neunziger.
"Diese Songs mussten den Leuten einfach mal die Kinnladen aushebeln", heißt es auf der Seite ihres jetzigen Labels in der Bio. Nachdem sich Years & Years kurze Zeit bei Kitsuné Records rumgetrieben hatten, musste 2014 endlich Material für die große Karriere her. "Real" war schließlich der perfekte Track für den Durchbruch: In kürzester Zeit über eine Million Klicks auf Youtube, ein Video mit Alexanders Schauspiel-Kollegen Ben Whishaw, da war Polydor recht schnell zur Stelle und nahm die Jungs unter Vertrag.
Bassist Michael Goldsworthy und Emre Turkman am Synthesizer, sowie Keyboard und Background-Gesang perfektionieren den abwechslungsreichen Elektro-Pop, der zeitweise an Justin Timberlake zu seinen besten N sync-Zeiten erinnert. Bei langsameren Stücken wie der Piano-Ballade "Eyes Shut" oder "Memo" kommt leider doch die dünne, wenn auch soulige Stimme Olly Alexanders zutage, bei "Foundation" wartet man vergeblich auf die Explosion, genießt jedoch den an Sohn erinnernden pulsierenden Beat. Auf Repeat hört man am Ende fast die Hälfte der Songs, da sie einen mit ihren poppigen Hooks und eingängigen Melodien doch irgendwie nicht loslassen wollen.
Wer Years & Years schon einmal live erlebt hat, weiß, dass Alexander nicht der größte Sänger unter der Sonne ist, weshalb die tanzbaren Stücke die langsamen definitiv ausstechen - auch wenn er mit seiner Falsettstimme die leidenschaftlichsten Liebeslieder seit Sam Smith singt. Das Talent fürs Songwriting kann man den drei Jungs aus London dennoch nicht absprechen, auch wenn die Songs sich hier und da melodisch ähneln. "Communion" erfreut letztlich alle Liebhaber des Neunziger Jahre Soul-Pop, die nicht allzu großen Wert auf Stimmvolumen, dafür jedoch auf einen eingängigen Rhythmus und poppige Beats legen. Ob das der "Sound of 2015" ist? Zumindest so was wie der Neo-Nineties-Sound des Sommers ist ihnen schon mal gelungen.
4 Kommentare mit einer Antwort
Spitzen Album, Shine & King sind gut gewählte Singles, Take Shelter, Gold & Ties sind auch richtig gut. Hoffentlich hört man noch mehr von denen, könnten ziemlich groß werden!
Da hör ich lieber Bilderbuch.
Ziemlich schwaches Debüt in meinen Augen, 'King' und 'Shine' als singles warn ne gute Wahl denn mehr hat das Album auch nicht zu bieten. Der ganze Sound klingt zum großteil für mich entweder zu unfertig oder halt komplett überproduziert.
Und gerade weil die 'Sound of 20xx' Gewinner Debüts ja sonst immer richtig gute Dinger sind (Sam Smith zB) warn meine Erwartungen villeicht etwas zu hoch.
... ging mir ähnlich. Nachdem die so gehyped worden sind, ist das Debüt n Scherz in meinen Augen.
Angesichts des Hypes hatte ich mehr erwartet. Klingt nach 0815-Pop.