laut.de-Kritik
Diesseits von Gut und Böse.
Review von Dominik Lippe"'Wohin ist Gott?', rief er. Ich will es euch sagen! Wir haben ihn getötet - ihr und ich! Wir sind seine Mörder! Aber wie haben wir das gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun?" Mit einem Auszug aus "Der Tolle Mensch" aus Friedrich Nietzsches "Die fröhliche Wissenschaft" breiten Zombiez die nihilistische Grundlage ihres Debütalbums aus. Aus Untiefen presst Frontmann Basstard die Zeilen kongenial hervor, die von den Wänden der Höhle widerhallen.
Mit "Gott Ist Tot" transformieren die sonst unter den Namen Tamas, G-Ko, MaXXi.P und KVSV bekannten Musiker Zombie Whytte, Zombie Red, Zombie Black und Zombie Gr€¥ den hierzulande maßgeblich von Basstard repräsentierten Horrorcore zum druckvoll düsteren Dark Trap. Über die wuchtigen Instrumentals leben sich die vier Rapper nach Herzenslust aus. So treffen etwa im Titellied bedächtige Rap-Parts, samtener Gesang, aggressive Shouts und saubere Doubletimes zu einer wilden Mischung zusammen. Vor allem Tamas integriert die besonders rabiaten Elemente seines Metal-affinen Soloalbums in das Soundbild des Kollektivs ein.
"Ich würde gern' mal an dir lecken und schmecken, ob das Fleisch was taugt." Das Leitmotiv des menschenfressenden Zombies zieht sich durch das Album, wobei die Band damit sowohl rein affektorientiert puren Horror verbreitet ("Gruftiez") als auch den gesellschaftlichen Kannibalismus symbolisiert ("Innereien"): "Es soll gerechter sein auf dem Planeten, denn wenige haben sehr viel Fleisch, aber die anderen müssen verhungern, weil es für alle Zombies hier nie reicht."
"Ich vs. Ich" behandelt den Kampf mit sich selbst: "In meinem Inner'n tobt immer ein Sturm." Geschickt zeugen ausschließlich die traptypisch schnellen Hi-Hats vom unruhigen Verstand hinter dem träge gehaltenen Vortrag. Weniger ausgeklügelt stellen sich Zombiez bei "Fukushima" an, in dem sie das einladende Thema rund um radioaktive Verstrahlung und menschliche Hybris auf das simple Namedropping der japanischen Präfektur und einige verspielte Verse reduziert ("Drei Augen wie der Fisch von Simpsons.").
Spätestens mit seiner vielschichtigen "Zwiespalt"-Trilogie gelang es Basstard vor einigen Jahren, seinen sinisteren Stil auf die dunklen Abgründe politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen zu übertragen. Im Zusammenhang mit Zombiez wagt er sich mit den eingangs erwähnten philosophischen Bezügen an eine weitere düstere Facette. Neben dem titelgebenden Prinzip "Gott Ist Tot" lassen sich auch Bezüge zu Nietzsches Werk "Jenseits von Gut und Böse" herauslesen: "Die Kraft, die ich schöpfe, ist mächtig und lässt mich Schwächen vergessen. Gerechtigkeit gibt es nicht, weder das Gute noch Böse."
Nietzsche rief dazu auf, die "vormoralische" Perspektive einzunehmen und Handlungen anhand ihrer Folgen und nicht etwa ihrer Absichten zu bewerten. Die christlich geprägte Sklavenmoral der Unterprivilegierten, die sich in Abgrenzung zur "bösen" herrschenden Klasse als "gut" wahrnimmt, lehnte der Philosoph ab. Doch eben diesen Vorstellungen widersprechen die Zombiez, wenn sie in "Friss Dein Geld" für die "pöbelhafte" Moral Partei ergreifen: "Wollen den Kapitalismus stürzen, für 'ne bessere Welt. Fressen Leute wie Hoeneß, denn sie werden fetter vom Geld."
Und während Nietzsche im Sozialismus die "zu Ende gedachte Tyrannei der Geringsten und Dümmsten" ausmachte, werben Zombiez unverhohlen für dessen Verbreitung: "Sozialist wie ich bin, habe ich dir auch etwas abgeschnitten, mein Kind. Fütter dich damit und du wirst wie ich." Mit ihrem ausgeprägten Gerechtigkeitsempfinden beäugen sie insbesondere Obrigkeiten kritisch: "Ich will die Stimme sein für die, die keine Stimme mehr haben. Sie liegen neben Kirchen begraben."
So offenbaren Basstard, Tamas, G-Ko und MaXXi.P hinter ihrer zur Schau gestellten nihilistischen Attitude und martialischen Zombie-Maskierung eine in Wahrheit hochmoralische Grundhaltung. Zombiez bewegen sich glasklar diesseits von Gut und Böse.
6 Kommentare mit 8 Antworten
Top!!!!!! ! Autotune kann auch mal nicht scheiße klingen (D-Rap!), klar gibt auch noch andere, aber zum größten Teil hört es sich einfach scheiße an.. Basstard ist king und Tamas geht hier auch klar. Die anderen kenn ich nicht, allerdings machen die beiden einen guten Eindruck. Bin ja nicht so auf dem Trapfilm, aber das Album¯ gefällt (+1, auf das-gefällt-mir-Konto für diesen Monat)
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.
"ICH vs ICH" Übertrack. ♥
Düstere Beats, die dem heutigen Weiber-EBM der schwarzen Szene zeigen, wie es richtig geht. Dazu grandios komplex, mehrstimmung und aufwendig produzierte Vocals mit einfallsreichen Melodien. Die Slipknot der Rap-Szene mit Mut zur Gesellschaftskritik! Weiter so, Jungs!
Thematisch kann ich damit natuerlich gar nix anfangen, mit Basstard sowieso noch nie und der einfaltspinselige Tamas soll die Musik bitte sein lassen, danke.
Normalerweise waeren das also 1/5, aber es gibt 1-2 nette hooks und grossteils gute beats. 2/5
Habe nur auf den Tamas Hate gewartet.
was hats mit tamas-hate auf sich? verorte den immernoch mit diesem deineltan-zeug, die paar solosachen die ich von dem kenn find ich auch ok. hab den in interviews immer als witzigen typen erlebt.
Tamas ist an sich, glaube ich zumindest, ziemlich hart hängengeblieben... Seine feat find ich eigentlich immer ok. Sein Album kenne ich nicht und werde es auch nicht hören. Hier passt es halt
Bei dauerhaften Kokain bzw speed Konsum, wie Tamas, wäre ich.. also ich persönlich nicht anders.. Würde wahrscheinlich irgendwann ausrasten..l
Das muss Baude euch erklären, scheint so ein persönliches Ding zu sein.
dann höre es doch einfach nicht. wie kann man etwas hören und bewerten, was einem grundsätzlich schon mal nicht gefällt? ... lol
Aber das Bild der brennenden Kirche auf der Rückseite des beihefts hat so herrliche Anfang 90er Burzum-nostalgie
und kopf.stein.pflaster ist Bombe 
♥
Ansonsten mag ich tamas in der Post -ltan Phase lieber als damals
Beats geil, basstard Stimme geil, Texte wtf? Klingt als hätte Bill Kaulitz gemeinsam mit Staubkind und Unheilig n Gedichtsbuch veröffentlicht auf dem se mal ganz ganz böse sein dürfen...
Geht gar net, bei aller liebe, was ein Schwachsinn....
Nur dass basstard halt seit mittlerweile 20 Jahren diese Musik macht....