laut.de-Kritik
Liebe, Licht und Sternenstaub aus dem Hause Horrorkore.
Review von Dani Fromm"Aus Grau wurde mit der Zeit Schwarz. Und aus Schwarz wird nun endlich Weiß", eröffnet eine "Introduktion" den dritten Akt eines groß angelegten Spiels. "Dies ist der Anfang der Vollendung der Trilogie von Nima Najafi-Hashemi, auch genannt Basstard."
Ganz in Weiß? Mit einem Blumenstrauß, etwa? Hell, freundlich, am Ende lebensbejahend? Mr. Horrorkore? Es bedarf einiges an Phantasie, um sich das lebhaft vorzustellen - oder eben "Weiss". Der letzte Teil der "Zwiespalt"-Trilogie wischt eventuelle Zweifel am Funktionieren einer weniger düsteren Basstard-Version restlos vom Tisch.
"Tief aus meiner dunklen Seele kam ein Schrei nach Freiheit." Die erringt Basstard bereits mit der opulent instrumentierten Eröffnungsnummer. Was er im Folgenden abzieht, verdient - manchem Durchhänger zum Trotz - uneingeschränkten Respekt.
Auf "Zwiespalt (Weiss)" präsentiert sich der teuflische kleine Mann mit der immer wieder aufs Neue verblüffend hellen Stimme variabel wie selten. Basstard rappt, brüllt, flüstert und keift sich in einer Weise ausdrucksstark die rabenschwarze Seele aus dem Leib, dass man darüber den Umstand, dass nicht der allergrößte Reimer an ihm verloren gegangen ist, glatt vergisst.
"Hallo, Deutschland. Hier bin ich wieder", heißt er plärrend willkommen in "Basstard City". Den wuchtigen Beat samt bratzender Gitarre über filigranem Klavierspiel verantworten - wie den Großteil des musikalischen Rahmenwerks - Djorkaeff und Beatzarre.
Basstard gestattet Einblicke in sein oft arg mühevolles Schaffen: "Unabhängig abhängen heißt so viel wie viel Stress" Er skizziert erlittene Enttäuschungen, registriert aber auch - der Lohn derer, die durchhalten - das Licht am Ende des Tunnels. Sein stures Fazit: "Ich mach' das allein, Wichser. Ich bin ein Vorzeigebasstard."
"Zwiespalt (Weiss)" birgt dann auch wahre Vorzeige-Tracks. "Ich hab' keine Angst, denn ich darf nicht!", so die trotzige Einlassung in "Keine Angst". Unverblümte, gar nicht peinliche Sinnsuchen stecken in "Wer Ist Schuld" oder "Was Ist Der Grund". "Wohin Geht, Woher Kommt ..." zerfetzt mit ausgefeilter Story die Anonymität jedes beliebigen Krieges, indem es Einzelschicksale aus der schrecklichen Bilderflut pickt.
Ein Gastauftritt von Sera Finale in "Der Kreis Schließt Sich" liefert einen, ein geradezu erstaunlich nachdenklicher Part von Tarek aus den Reihen von K.I.Z. einen weiteren Höhepunkt. Das Resultat: ohne Zweifel ein Track für die "Ewigkeit".
Doch nicht jeder Gast trägt zum Gelingen des Albums bei. "Niemand Kennt Unsere Namen 2"? Von wegen! Dass die immer gleiche Brüllaffennummer aus dem Munde des Fleisch gewordenen Crunk-Totalschadens Tony D stammen muss, hätte man nicht extra dazu schreiben müssen. Schlimmer wirds nur, wenn in "Nach Vorne" zu üblem Plastik-Discopogo-Beat und Gitarrengeschrappe die Atzen an den Start gehen.
Muhabbet und - gleich zweimal - Sady K steuern schmachtende Hooklines bei. Letzterer interpretierte erst kürzlich und offenbar nicht ohne Grund den 80er-Heuler "Ich Liebe Dich" von Clowns & Helden. So klingts halt, jedes Mal.
Der gewohnt verschlagene, durchtriebene, abgründige Basstard, oft auch mit bedrohlichem Unterton: Er bleibt präsent, unter anderem in dem geradezu grandios gelungenen Cover zu "Jeannie". Basstard tönt hier noch um Welten verrückter als Falco in der Original-Fassung.
Daneben zeigt er aber auch mit wahrhaft entwaffnender Offenheit eine andere, eine ungeschützte Seite. Kitsch? Oh, ja! "Jetzt sind wir da angelangt, wo ich eigentlich nie hinwollte", resümiert das abschließende "Weiss". "Aus ein Basstard hat Gefühle. Is' aber nicht schlimm." Nö, echt nicht.
Wenn Basstard (!) von Liebe, Licht und Sternenstaub (!!) spricht, erkennt er sich offenbar selbst nicht wieder: "So was Schnulziges, und das ausgerechnet von mir! Hast du das gehört? Ich hab' sogar gesungen. Bisschen schief, aber ich bin halt kein Sänger." Derlei Monologe tönen zwar - da sind sie schon wieder! - ein bisschen nach den Clowns & Helden - aber doch auch herzerwärmend ehrlich.
"... und irgendwann zeig' ich dir, wer ich wirklich bin", verspricht Basstard in seiner Liebeserklärung. Darauf darf man nach dem Abschluss der "Zwiespalt"-Trilogie getrost noch gespannter sein als vorher schon.
7 Kommentare
"Was er im Folgenden abzieht, verdient - manchem Durchhänger zum Trotz - uneingeschränkten Respekt"... aber die durchhänger hams dafür in sich, schon des gesang bei "Was war der Grund"... grausig !
des "Jeannie"-Cover ist schräg !
Basstard fand ich nie so doll, allerdings nicht wegen ihm selbst, sondern eher wegen der meist schlechten Features und Beats.
Da gabs 2011 viel bessere Rapplatten. Ich will ne Circus Maximus Review!
Wo ist Taktloss?
Der muss da mit drauf!
keine 4 sterne wert. zu monoton und ohne horrorcore zu wenig eigenständig.
Euch hamse doch allen in den Kopf gekackt. 4 Sterne ist mehr als gerechtfertigt. Eins der wenigen deutschen Rap-Alben, die man sich in diesem Jahr bisher anhören konnte ohne das Kotzen zu kriegen.