laut.de-Kritik
Gereift und melancholisch, unaufgeregt und tief.
Review von Andrea Vetter"Folklore" ist ein Album, das ruhig und verschwiegen ist. Es ist gereift und melancholisch, unaufgeregt und tief. Die Musiker lassen alles zu, was ihnen Spaß macht. Sie scheren sich nicht um Konventionen oder Erwartungen. Sie lassen den Hörer in ihre ganz eigene Welt eintauchen. Ganz privat laden sie zum Tee, oder besser zum Whiskey. 16 Horsepower haben sich bereits ausgetobt, und die Musik auf ihrem fünften Album ist reduziert. Die Idee, das Skelett jedes Songs, haben sie herausgeschält und für sich selbst sprechen lassen. Sie tanzen nicht oder drehen sich im Reigen, sondern sitzen still da, vor dem Kamin. Der einsame Reiter, der beim Hören der Melodien die Steppe durchquert, ist magerer geworden, die Augenhöhlen tief eingefallen.
Vier traditionelle Melodien und zwei Coversongs hat die Band in ihr Album neben vier eigenen Liedern aufgenommen - daher wohl auch der Titel. Doch die überlieferten Tracks werden so sehr mit der 16 Horsepower-typischen Instrumentierung überlagert, mit David Eugene Edwards Stimme in melancholische Tiefen gerissen und in den Gesamtzusammenhang des Albums eingebettet, dass es wie aus einem Guss und einer Feder klingt. Die Platte fesselt den Hörer an einem Stück. Sie langweilt nie und glänzt als Gesamtwerk, genauso wie jedes der Stücke für sich genommen. Nie hat man das Gefühl, hier covert eine Band aus Ideenlosigkeit. 16 Horsepower nutzen die Vorlagen zur Bereicherung ihrer eigenen Kreativität.
Ein starker Song ist zweifellos Hank Williams' "Godfather Of Country" aus den späten 40er Jahren. "Alone And Forsaken", in der 16 Horsepower-Version, ein Song zum Mitsingen und Schwelgen. "Single Girl" von der Carter Family - US-Country-Stars der 30er und 40er Jahre - kommt frisch und fröhlicher daher. "La Robe A Parasol" bricht in seiner wilden Fröhlichkleit aus der relativen Ruhe und Gelassenheit der anderen zehn Stücke aus. Dazu ein Text auf französisch, der den Hörer zum Schmunzeln bringt, da es mit Edwards Aussprache nicht allzu weit her ist.
Doch gleichgültig wessen Lieder sie intonieren. Alleine die Art, diese zu spielen, lässt beim Hörer Geschichten und Landschaften vor dem inneren Auge erscheinen - wie es bei einem guten Buch der Fall ist. 16 Horsepower haben sich mit "Folklore" weiterentwickelt. Ihr typischer Groove ist dabei spröder und das musikalische Grundgerüst simpler geworden. Doch die Klasse ist geblieben. Ein "Must-Have" für jeden melancholischen Zivilisations-Steppen-Reiter.
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