laut.de-Kritik
Blastbeat-Alarm im Schützengraben.
Review von Kai ButterweckPünktlich zum 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkrieges gründet sich in der Ukraine eine Band, die sich die düsteren Jahre zwischen 1914 und 1918 als Themenkonzept auf die Fahne schreibt. Elf Jahre und drei Alben ("Eschatology of War", "The Blind Leading the Blind", "Where Fear and Weapons Meet") später tobt der Krieg nun vor der eigenen Haustür. Mit ihrem neuen Studioalbum "Viribus Unitis" gehen die fünf 1914-Mitglieder Dmytro Kumar (Gesang), Olexa Fisjuk (Gitarre), Witalij Wygowskyj (Gitarre), Armen Oganesjan (Bass) und Rostyslaw Potopljak (Schlagzeug) ihren inhaltlichen Weg unbeirrt weiter, setzen aber auch gleichzeitig ein solidarisches Statement für die ukrainischen Soldaten und Landsleute im Hier und Jetzt.
Im Vergleich zu den vergangenen Werken der Band, in denen Verlust, Zerstörung und der Tod im Fokus standen, geht es diesmal um Kameradschaft, Zusammenhalt und Ausdauer. Befeuert wird die inhaltliche Achterbahnfahrt der Emotionen von einem wuchtigen Mix aus Doom-, Death- und Black Metal. Satt produziert und mit Chören und langlebigen Melodiebögen verfeinert, schmettern insgesamt neun Songs und ein Intro durch die Boxen, die jedem Genre-Fan diverse Male ein breites Lächeln ins Gesicht zaubern.
Die Ukrainer donnern nicht nur wild drauflos, sondern gönnen ihren epischen Werken immer wieder kleine Dynamik-Pausen ("1916 (The Südtirol Offensive)", "1917 (The Isonzo Front)"). Neben ohrenbetäubenden Blastbeat-Attacken gibt es auch viele Midtempo-Passagen auf die Ohren ("1914 (The Siege of Przemysl)"). Die Übergänge sind top, die Breaks teilweise atemberaubend, und auch der Gesang überzeugt wahlweise mit tieftönigem Grunzen oder markerschütterndem Geschrei. Zwischen den Songs sorgen eingeschobene Samples für eine dichte und beklemmende Atmosphäre.
Mit drei erlesenen Gästen (Christopher Scott von Precious Death, Ex-My Dying Bride-Shouter Aaron Stainthorpe und Jérôme Reuter von Rome) an Bord, sorgt die Band für noch mehr Abwechslung, auch wenn man am Ende sagen muss, dass sich nur zwei Besucher für weitere Kollaborationsdienste empfehlen können. Precious Death-Sänger Christopher Scott bleibt im Vergleich ein wenig blass ("1918 Pt.2 POW (Prisoner Of War)"). Das allerdings ist schon Meckern auf recht hohem Niveau. Schlussendlich passt auf "Viribus Unitis" nämlich ziemlich viel zusammen. Wem konzeptionelle Branchen-Arbeiten mit intensivem Geschichtsbezug am Herzen liegen, der kommt hier definitiv auf seine Kosten.


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