laut.de-Kritik
Sein neues Motto: "Because I Get Drunk".
Review von Tobias KrausIch gestehe: Ich gehöre nicht zu jenen Zeitgenossen, die immer und jederzeit über alles und jeden im Music-Biz lückenlos und umfassend informiert sind. Außerdem hat man ja auch sein Steckenpferd und meines wiehert eher in Patois und weniger im Slang des Southern Mississippi State.
Umso erstaunter war ich nun, als man mir ein Doppel-Album von Afroman vorlegte, dachte ich doch eigentlich, dass der Bursche aus Mississippi mit seinen Cannabis-Reimen auf "The Good Times" und der Single "Because I Get High" seinen Kanten verqualmt hätte und mit einer Hooka als Abschussrampe ins One-Hit-Wonder-Nirvana entfleucht wäre.
Falsch gedacht, Afroman is back! Nun aber eher im Zeichen der Bier-Pulle. Ganz nach dem Motto: 40 made me do it - oder war's doch 45? Diesmal fordert er also dazu auf, den "Anonymous Afroholics" beizutreten, Weed scheint ihn momentan eher weniger zu interessieren. Vielmehr scheint es gerade sein Ding zu sein, 80er Jahre Rap-Sounds und Beats aus der auf Too $horts Speicher befindlichen Mottenkiste hervor zu wühlen.
Davor war er schon bei Schooly D im Keller, bei Tone Loc im Schuppen und bei der 2 Live Crew im Beats'n'Baby-Suck-My-****-Workshop. Soll heißen, fast das ganze Album tönt wie fünfundachtzig bis fünfundneunzig, mit Schwerpunkt West-Coast, aber nicht ausschließlich.
Eine große Zeit des Hip Hop, fürwahr, oben genannte Namen sprechen für sich. Aber im Jahre 2004 ein 33 Tunes starkes Album so zu bestreiten, rangiert dann doch irgendwie zwischen unkreativ bis straight.
Okay, er kommt aus dem Background und das soll er auch nicht verleugnen, aber ein bissel Jetztzeit-Flavour hätte den beiden Scheiben schon gut getan. Das soll nicht heißen, dass jeder Tune für sich Käse wäre, nein, aber das Ding an einem Stück ist schon was für Hartgesottene mit braunen Air Dunks an den Füßen und West-Coast-G-Funk in den Synapsen.
Textlich bewegt sich das Ganze zwischen Comedy, Selbstironie, schlüpfrig pubertären Humoresken und teilweise ironisch kritischen Seitenhieben gegen die Musikindustrie, sein Ex-Label Universal, gegen poppigen Kommerz-Rap und sonst noch allerlei.
So hirnrissig, dass es schon wieder zum Lachen ist, ist die Veralberung von Eric Claptons "Wonderful Tonight" - Alice Schwarzer, da hören Sie mal besser weg!
Vom Reimen und Flowen her ist der Afroman erstaunlich variabel, meistens ziemlich abgehangen und easy, mal ein wenig ins Bluesige und Soulige abdriftend. Von den 33 Songs sind dann tatsächlich immerhin fünf bis sechs überraschend gut geraten, warum aber das Album gleich so aufblasen? Eine Scheibe mit "nur" 14 Tunes wäre in diesem Fall mehr gewesen.
Noch keine Kommentare