laut.de-Kritik
Die Vulgär-Santianos mit Promillezähler am Anschlag.
Review von Manuel BergerGratulationen erscheinen angebracht: Alestorm haben gerade das beste Album der Menschheitsgeschichte veröffentlicht - wenn man morgens um halb zwölf auf dem Festivalacker schon mit zwei bis drei Promille hackedicht im Ruderboot sitzt. Erfüllt man diese Bedingung nicht und findet "No Grave But The Sea" trotzdem gut, gehörte man hoffentlich nicht zu der Meute, die Helene Fischer beim DFB-Pokalfinale ausgepfiffen hat. Das wäre heuchlerisch: Verzerrte Gitarren und gelegentliche Frickeleinlagen machen aus Bumms-Schlager noch lange keinen Metal.
Perfekt getimet zum Kinostart des fünften "Fluch Der Karibik"-Kinofilms nehmen uns die Vulgär-Santianos mit auf eine weitere Reise. Fun-Fact: Es ist auch ihre fünfte. Der interessanteste Aspekt von "No Grave But The Sea" wäre damit schon erzählt. "Rum, beer, quests and mead / These are the things that a pirate needs": Das wussten wir auch schon vor dem gehackstückten "Alestorm".
Viel darüber hinaus zu sagen haben die Schotten leider nicht mehr und machen das in "Fucked With An Anchor" auch mehr als deutlich: "Fuck! You! You're a fucking wanker / We're going to punch you right in the balls. Fuck! You! / With a fucking anchor / You're all cunts so fuck you all." Das ist nicht etwa fies aus dem Kontext gerissen, sondern das Herzstücks eines Songs, der mit den Worten "For 30-odd years I have lived with this curse / My vocabulary was stunted at birth" beginnt. Ja, ich weiß, ich bin einfach spaßresistent.
"Bestürzt" trifft es eher. Ein bisschen schade ist nämlich schon, was Alestorm mit ihren Fertigkeiten anstellen. Dass die Herren ihre Instrumente beherrschen und auch arrangementtechnisch Einiges drauf haben, ist nicht zu überhören. "Treasure Island" endet mit feinfühliger Konzertgitarre, den Black Metal-Shout-Part in "To The End Of The World" (wo es zur Abwechslung statt Bier- einmal eine gute alte Abenteuergeschichte zu hören gibt) anders als "episch" zu betiteln wäre unwahr, und mit dem Folk-Teil desselben Songs empfiehlt sich Produzent Lasse Lammert wärmstens für künftige Aufträge.
Nur strengt sich die Band nach Kräften an, alles mit billigsten Schunkel-Lala-Hooks vollzukleistern, die den gleichnamigen Käpt'n wahrscheinlich dazu veranlassen würden, Peter Pan fortan hintenanzustellen und stattdessen seine Möchtegern-Artgenossen zu jagen. Trompeten, Gitarren, Fideln und Flöten nudeln saufselig die Bierzeltskala hoch und runter, das Schlagzeug klopft artig d'accord, und Christopher Bowes brüllt in johoho-lustigem Piratenslang seine Storys ins Mikro.
Wolltet ihr schon immer wissen, wie das damals war, als er nach Thüringen schipperte, in Schlumpfis Bar Schnitzel, Würstl und Bier genoss, statt zu zahlen aber lieber den Hausherrn niederschoss und seine hässliche Frau mitgehen ließ ("Bar Ünd Imbiss")? Entkommen gibt es keins. Mit Ausnahme einiger Mini-Verschnaufpausen, etwa zum Einstieg oder Ausstieg aus einem Song, steht der Master-Regler so wie der Promillezähler: konstant am Anschlag.
Doch das ist längst nicht alles, was Alestorm in petto haben, um ihre guten Seiten kielzuholen. Wie wäre es zum Beispiel, Piraterie mit Nintendo-Sound zu verknüpfen? Ho, wie originell! Gesagt getan, "Mexico" kriegt sein 8-Bit-Intro. Der kreative Höhepunkt folgt aber erst noch. Nach zweieinhalb Minuten fällt der Band nämlich auf: "Oh, wir sollten den Refrain vielleicht ein bisschen variieren ... He, Bowes, alte Kielradde, hart backbord: Sing mal bisschen höher als vorher!" Und noch einmal: "Yo! Ho! Mexico! / Far to the south where the cactus grow / Tequila and a donkey show / Mexico! Mexico!" Der (fast) gleichnamige Böhse Onkelz-Track wirkt wie eine poetische Progressiv-Hymne dagegen.
Während viele Metalbands mit ihren finsteren Minen und Wald-und-Winter-Fotos eher zu Sätzen wie "Lacht doch mal" anregen, ruft "No Grave But The Sea" eher Gegenteiliges hervor. Nähmen Alestorm sich und ihre Musik etwas ernster, könnten sie vielleicht tatsächlich guten Stoff produzieren. Das wird aber wohl nie passieren. Fans können schon einmal drauf hoffen, beim nächsten Album die passenden Schwimmflügel zum Quietscheentchen des aktuellen Bonus-Pakets zu ergattern. Macht sich sicher toll am Wacken-Outfit.
8 Kommentare mit 6 Antworten
Was flamed der Berger hier so rum, schlecht gefickt oder was? Ne Spaß beiseite, nüchtern und ernsthaft zum hören is das wohl nix. Zum saufen aber wohl und dann können zwei drei Songs doch auch mal witzig sein.
Steht doch genau so da;P
Jo, dafür würde ich allerdings 2/5 geben. Und die Seitenhiebe aufs wacken schmerzen das metal-herz.
1/5 ist doch für so einen beschissenen Dreck total angebracht. Allein für das Cover gehört jemand weggehängt...
Allein wegen "Fucked With An Anchor" kann man 4 Sterne geben!
Solche Combos sind der Grund, warum ich Metal zum Großteil kaum noch ernst nehmen kann. Von paar Ausnahmen natürlich abgesehen.
Dich kann auch keiner mehr ernstnehmen, weil du eine Kommentierungsmaschine bist.
früher haben wir leuten den tod gewünscht, die zu finntroll gesoffen und "\m/" gemacht haben... jetzt sehne ich mich nach diesen leuten. so im vergleich dazu
Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.
super album, wer das gegenteil behauptet hat alestorm nicht verstanden.