laut.de-Kritik

Zwischen TikTok-Therapie und Radiopop.

Review von

"You'll Be Alright, Kid" ist kein ganz neues Album. Schon im September 2024 veröffentlichte Alex Warren "You'll Be Alright, Kid (Chapter 1)" eine Art erste Hälfte mit elf Songs. Jetzt folgt der große Wurf: 21 Tracks, viele davon bekannt, einige neu, zusammengehalten von einem Versprechen an sein jüngeres Ich und einem nahezu unstillbaren Bedürfnis, sich selbst zu erklären.

Warren kommt aus der Welt der viralen Videos, hat das TikTok-Hypehaus überlebt, Millionen von Followern gesammelt und versucht sich seit ein paar Jahren als ernstzunehmender Singer/Songwriter im Pop-Zirkus. Seine Biografie klingt wie ein Drama im Dreiminutentakt: Vater gestorben, Mutter alkoholkrank, im Auto gelebt, dann der steile Aufstieg. Dass seine Musik auf persönlichem Schmerz basiert, ist nicht nur spürbar, sondern durchgehend Programm.

Musikalisch bleibt Warren im sicheren Fahrwasser und präsentiert radiotauglichen Pop mit Akustikgitarre, Country-Flair und großen, emotional aufgeladenen Refrains. Seine Stimme ist angenehm, das Songwriting solide, die Produktion clean. Manchmal vielleicht zu clean.

Und 21 Songs sind zu viel, vor allem, wenn sich viele davon wie Varianten desselben Gefühls anfühlen. Zwischen Abschied, Glaubensfragen und ewiger Liebe fehlt auf Dauer die Luft zum Atmen. Wer sich durch das Album arbeitet, fragt sich irgendwann: War das nicht gerade schon mal da?

Trotzdem gibt es starke Momente. "Yard Sale" etwa überrascht mit einer poetischen Idee: Erinnerungen loswerden durch den Verkauf alter Dinge. Ein kluger Song über das Loslassen, verpackt in leichtfüßigen Country-Pop. Auch "Bloodline" mit Jelly Roll funktioniert als energisches Stück über familiäre Prägung und die Entscheidung, anders zu leben. Persönlich, catchy, glaubwürdig.

"First Time On Earth" erzählt mit sanftem Pathos von der Suchtgeschichte seiner Mutter. "Watch bottles in the cabinet, tryna kill a habit that was killing you" das ist eindringlich und schmerzhaft ehrlich, auch wenn der Bibelvers zwischendurch etwas zu dick aufträgt.

Austauschbarer Wohlfühlpop ohne echte Ecken sind dagegen Songs wie "You Can't Stop" oder "Chasing Shadows". Auch "Burning Down" bleibt blass, obwohl es inhaltlich um Verrat und Selbstschutz geht. Manche Titel klingen, als würden sie sich gegenseitig im Kreis zitieren.

Emotional eskaliert es in "Everything": eine Liebeserklärung, die sich beim ersten Hören süß, beim dritten Mal allerdings doch ein wenig creepy anfühlt: "Darling, don't take your love from me / I could live without, oh, just about anything / But, if I lose you, darling, then I lose everything". Das ist vielleicht ehrlich gemeint, klingt aber auch nach emotionaler Erpressung. So nach dem Motto: "Wenn du gehst, bin ich nichts mehr". Da wünscht man sich etwas mehr Reflexion, etwas weniger Selbstaufgabe.

Das große Thema dieses Albums ist das Zusammenbleiben. Ob in "Carry You Home", "Heaven Without You", "Save You A Seat" oder "Catch My Breath" - alles dreht sich um lebenslange Bindung, Ehe, Kinder, ewiges Versprechen. Das wirkt einerseits rührend, andererseits wie ein Hochzeitsalbum auf Steroiden. Viel Pathos, wenig Pausen

"You'll Be Alright, Kid" ist ein sehr persönliches Album. Warren verarbeitet viel: seine Vergangenheit, seine Beziehung, seine Ängste, und das auf eine Weise, die ernsthaft und nachvollziehbar ist. Nur fehlt es der Platte an Mut zur Lücke. Weniger Songs, mehr Fokus und weniger Formeln hätten geholfen. So bleibt es bei einem grundsympathischen, gut produzierten, aber oft vorhersehbaren Album, das zwischen Echtheit und Effizienz schwankt.

Trackliste

  1. 1. Eternity
  2. 2. The Outside
  3. 3. First Time On Earth
  4. 4. Bloodline feat. Jelly Roll
  5. 5. Never Be Far
  6. 6. Ordinary
  7. 7. Everything
  8. 8. Getaway Car
  9. 9. Who I Am
  10. 10. You Can’t Stop
  11. 11. On My Mind feat. ROSÉ
  12. 12. Burning Down
  13. 13. Catch My Breath
  14. 14. Carry You Home
  15. 15. Troubled Waters
  16. 16. Heaven Without You
  17. 17. Before You Leave Me
  18. 18. Save You A Seat
  19. 19. Chasing Shadows
  20. 20. Yard Sale
  21. 21. You’ll Be Alright, Kid

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