laut.de-Kritik
Sonnendurchflutet, psychedelisch, fantastisch.
Review von Michael SchuhEs gibt Alben, die man am Besten im Ganzen konsumiert und eine Weile wirken lässt, wie es Kollegin Irmschler gerade bei All Diese Gewalt wieder festgestellt hat. Bei den Allah-Las verhält es sich ähnlich: Es empfiehlt sich auch hier, "Calico Review" am Stück zu genießen, allerdings nicht aufgrund der Schwere des Sounds, sondern vielmehr wegen dessen Leichtigkeit sowie der Problematik, überhaupt einen Song als eindeutiges Highlight heraus zu picken.
Vor ziemlich genau acht Jahren spielte das Quartett sein erstes Konzert vor zehn Leuten ausgerechnet auf einer Halloween-Party. Hat sicher ganz toll gepasst. Von dem mit fortschreitender Professionalität meist einhergehenden Verschwinden schroffer Ecken und Kanten aber keine Spur. Das Quartett klingt immer noch so wundervoll naiv und zugleich voller Tatendrang, als wäre das ganze Rock-Business ein einziger Spaß, und wenn es doch nix wird mit dem benötigten Monatslohn geht man eben noch mal auf die Uni oder Pizza ausfahren.
Konkurrenz für die melodieverliebten und schwer nachhaltigen Garage Pop-Vorstellungen bekommen die Kalifornier ausgerechnet aus Holland, wo Mozes And The Firstborn gerade ein zweites tolles Album vorgelegt haben. Doch das nur am Rande, die dritte Allah-Las-Platte muss keine Rivalitäten fürchten und heißt nur deshalb nicht "Worship The Sun", weil so schon die letzte hieß.
Sonnenlichtdurchfluteter Surfrock wechselt sich hier erneut mit großen Psychedelic-Pop-Perlen ab, auf denen so eindeutig der Stempel California-Sound aufgedrückt ist, wie einst bei den Beach Boys. Wouldn't it be nice to break this band? Wird langsam Zeit.
Gegen das Etikett "Retrosound" wehren sich die Allah-Las erst gar nicht, was auch lächerlich wirkte, so effizient wie sie exakt 50 Jahre später die "Rubber Soul"-Ära nachleben inklusive steinalter technischer Hilfsmittel. Glücklicherweise bleibt es nicht bei der Vintage-Leidenschaft der Gang, auch den melancholischen Lennon/McCartney-Pop-Tune haben sie inzwischen meisterhaft verinnerlicht ("High & Dry", "Mausoleum", "Famous Phone Figure").
Hier und da auch mal vorwärtspreschende Schrammelakkorde im Velvet Underground-Style ("Could Be You"), zur Abwechslung dezente Düsternis ("Warmed Kippers"), meistens aber einnehmenden Tingeltangel-Folk der Sorte "Terra Ignota" mit mehrstimmigem Gesang und alles, was die alten Helden damals eben noch richtig gemacht haben. Zum Beispiel auf Arrangement-Details achten (geiler Tremolo-Sound beim Gitarrensolo von "Satisfied")
So ist "Calico Review" trotz der hohen Hürde des Vorgängers ein weiteres reverbgetränktes Juwel geworden, das sich in Stil und Anmut dem Prädikat der gelungenen Retro-Ästhetik der Gruppe (Cover, Merchandise, Social Media) angleicht: zeitlos.
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