laut.de-Kritik
Krasse Gemütswechsel mit Gothic-Einschlag.
Review von Ulf KubankeDie Cavanagh Brüder werfen mal wieder die Netze aus. Bei einem qualitativ dermaßen überragenden Back-Katalog wie im Hause Anathema erwartet man nahezu automatisch einen weiteren Meilenstein. Natürlich enttäuschen sie nicht! Das zehnte Album - "Distant Satellites" - ist eine prächtige Klangfarben-Orgie.
Stilistische Einschränkungen gibt es nicht. Ähnlich wie die sich gleichfalls ewig häutenden Kollegen Opeth und Ulver, verweigern Anathema auch mit dieser Platte lässig jeden Versuch der Kategorisierung. Übrig bleibt die erfolgreiche Suche nach dem ästhetisch totalen Musikmoment. Dabei perfektioniert "Distant Satellites" die beiden Hauptstärken der Band: Ein geschicktes Spiel mit Stimmungen und die Vocals der einmal mehr überragenden Chanteuse Lee Douglas.
Vielseitigkeit ohne Zerfahrenheit vom ersten bis zum letzten Ton. Von nervösen Zuckungen eines akustischen Dentalbohrers wie "You're Not Alone" bis zur mäjestätischen Nachtmusik des Titelsongs könnte der Kontrast kaum größer sein. Dennoch folgt der Hörer den mitunter krassen Gemütswechseln von Song zu Song ganz und gar zwanglos. Als große Klammer fungiert ihre typische "Twin Peaks"-Finsternis. Spätestens bei "Take Shelter" landen sie dann auch ganz und gar bei David Lynch.
[Hier könnt ihr das Album in voller Länge streamen!]
Auch alle Steven Wilson-Freunde sollten mehr als nur ein Ohr riskieren. Für den überwiegenden Teil der Musik steuert Mr. Porcupine Tree den Mix bei. Bei Liedern wie etwa "The Lost Song [Part 1]" hört man eine deutliche Seelenverwandschaft zu "Storm Corrosion" und zahlreichen Wilson-Solo-Momenten.
Dennoch gehört das Herzstück dieser Scheibe dem Wahnsinnsgesang von Lee Douglas. In "The Lost Song [Part 2]" drückt sie dem Track ihren ganz eigenen Stempel weiblicher Dramatik auf. Ebenso ist sie auf dem opulenten "Dusk (Dark Is Descending)" das erdende Salz in der Suppe. Während Sänger Vincent Cavanagh mit seinem Roger Waters-Gedächtnisgejammer fast schon ein wenig zu viel "The Wall"-Make Up auflegt, holt sie das Lied auf den Teppich zurück. "Ariel" folgt dann zur Krönung als leidenschaftliches Duett beider vorzüglich harmonierender Stimmen.
Mittendrin servieren sie mit "Anathema" noch einmal einen kaum für möglich gehaltenen Moment der Rückkehr zu den eigenen Gothic Wurzeln. Eine majestätische Hymne, die sich im Verlauf als grandioses Gitarrenfeuerwerk entläd und nebenbei auch so manchen My Dying Bride-Fan erfreuen sollte. Ein echter Höhepunkt und absoluter Anspieltipp der "Distant Satellites". Schon jetzt eine der interessantesten und schönsten Veröffentlichungen des Jahres!
19 Kommentare mit 27 Antworten
cool, der Stream. Ich werde heut Abend gern mal reinhören.
Macht neugierig!!!
Was dem Edele die 3 Punkte, das sind dem Anwalt die 5. Die werden hier ja rumgeschmissen wie Kamellen an Karneval.
word !
stimme ich Dir zu. Alles Meisterwerke.
Leider richtig.
Weather Systems fand ich schon sackstark, diese hier hält das Niveau locker.
Seit weather systems bin ich auch Anhänger der Anathema musical Master race. Was ein Brett
Insgesamt fällt das Album für mich im Vergleich zu den beiden Vorgängern ein wenig ab, ist aber immer noch gut. Ein paar seltsame Bumsbeats vorallem gegen Ende der Scheibe.
ABER: The Lost Song Part 2 ist für mich der zweitbeste Song, den Anathema überhaupt je geschrieben haben. Absoluter Wahnsinn. Haut mich auch beim fünfzigsten Mal anhören noch aus den Socken, genial. Alleine schon dafür ist ein Albumkauf gerechtfertigt.