laut.de-Kritik
Dreizehn moderne Meisterwerke der Rockmusik.
Review von Alexander CordasQualität ist mannigfaltig. Es gibt massenhaft Tonträger, die man auf Anhieb gut findet, ein paar Mal anhört und sie danach mangels weiterem Interesse im CD-Schrank voll stauben lässt. Die Anzahl der Platten, die nicht im besseren Mittelmaß versumpfen, sondern mit jedem Mal mehr wachsen, bis sie schließlich auf einem hohen Niveau verweilen und der heimischen Anlage immer mal wieder einen Besuch abstatten, ist da schon weitaus geringer. Am seltensten anzutreffen sind allerdings diejenigen, denen Worte allein nicht gerecht werden können. "Source Tags & Codes", der neueste Streich der vier Texaner mit dem Bandwurmnamen ... And You Will Know Us By The Trail Of Dead ist so ein Album.
Nach dem verhaltenen Klavier-Intro "Invocation" lässt schon "It Was There That I Saw You" Münder meilenweit offen stehen und Hände automatisch die Lautstärke in den roten Bereich regulieren. Wie ein Sturm fegt der Song über den Hörer hinweg, lässt ihn nach einer Minute in seinem Auge zwei Minuten lang etwas Luft holen, um ihn zum Schluss wieder mit Wucht gegen die nächste Wand zu schmettern. Doch mindestens ebenso massiv wie der Track dem Zuhörer entgegen donnert, zerreißt er ihn mit seiner immensen Emotionalität.
Klingt widersprüchlich? Ist es auch! Genauso wie das gesamte Album. Die Ballade "How Near How Far" folgt gleich auf den krachigen Wutfetzen "Homage", ohne dass sie auch nur eine Sekunde lang fehl am Platze wirkt. Auch in Sachen Variation der Musikstile lässt sich "Source Tags & Codes" nicht lumpen. Das hinreißende "Heart In The Hand Of Matter" kann man am ehesten in die (ungeliebte) Emo-Rock-Schublade zwängen. "Baudelaire" bietet eine Art Neo-Rock'n'Roll und "Homage" brettert im Hardcore-Stil durch die Boxen. "Monsoon" klingt wie Sonic Youth, die sich auf ihre alten Zeiten zurück besinnen und "Days Of Being Wild" erinnert an Mitgröl-Rock der intellektuellen Art. Über allem schwebt dabei immer ein Hauch von Noise und ein ordentliches Maß an Präzision. Nach dem Schlagzeug in "How Near How Far" könnte man beispielsweise problemlos die Uhr stellen.
Doch obwohl die Lieder unterschiedlicher nicht sein könnten, wirkt "Source Tags & Codes" sehr kompakt und geschlossen. Man hat zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, als habe man es mit einem zusammen gewürfelten Haufen für sich stehender Tracks zu tun. Vielmehr wirkt es so, als wäre "Source Tags & Codes" am Stück eingespielt, was wohl nicht zuletzt den häufig eingesetzten Interludes zu verdanken ist, die die Spannung die gesamte Dreiviertelstunde lang aufrecht erhalten. Und so hört man den Silberling wieder.
Und wieder. Und wieder. Und jedes Mal aufs Neue ist man hingerissen von den Melodien, den Emotionen, der Energie, die dem gesamten Album innewohnen. Dreizehn moderne Meisterwerke der Rockmusik, eines der besten Alben der letzten Zeit. Vielleicht sogar das beste seit "Relationship Of Command" von den grandiosen At The Drive-In. Klingt lohnenswert? Ist es auch!
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