laut.de-Kritik
Lauwarmer Kamillentee-Bluesrock vom ehemaligen The Voice-Gewinner.
Review von Paula FetzerZehn Jahre nach seinem The Voice-Gewinn hat der Bluesrocker Andreas Kümmert nun das fünfte Studioalbum seit der Teilnahme an der Castingshow eingespielt. Das startet mit der Pop-Rock-Nummer "Leave The Radio On", die so auch - passend zum Titel - im Radio laufen könnte. Sie geht gut ins Ohr und hat vor allem im Refrain, in dem ein Chor Kümmert gesanglich begleitet, einen vollen Sound. Gleich in den ersten Sekunden eröffnet er die Radio-Thematik: Verzerrte Radiogeräusche bilden den Anfang, bevor die Instrumente einsetzen.
Im Vergleich zu dem massentauglichen Track geht es im "Clown Song" holpriger zu. Das Schlagzeug scheppert anfangs gedämpft und blechern vor sich hin, im Refrain bricht Kümmert dann in die Kopfstimme aus. Die Kombination aus Gesang und Begleitung wirkt teils wahllos zusammengewürfelt. Dahingegen bietet die Ballade "I Don't Know" zu wenig Abwechslung. Tempo und Dynamik ändern sich im Verlauf nicht wesentlich, das ruhige Stück enthält ein ebenso entspanntes Solo und so führt es nirgendwo richtig hin. Trotz Langeweile-Faktor klingt es dafür zumindest harmonischer als sein Vorgänger.
Gibt es in "I Don't Know" noch ein sanftes "hey yeah, oh yeah" zu Beginn, schreit Kümmert in "In My Bones" ein energetisches "whoah yeahhh" ins Mikro. Der Musiker überrumpelt den Hörer regelrecht mit dem rockigen Intro und hält sich nicht weiter zurück. Danach spielt er mit der Laut-Leise-Dynamik von Refrain und Strophe, letzterer nimmt in den zweieinhalb Minuten aber ab seiner zweiten Wiederholung zu viel Raum ein.
Den Blues packt der Gitarrist aus dem Spessart zum ersten Mal so richtig auf "Hard Times" aus. Der eingängige Rhythmus hüpft munter vor sich hin und unterhält den Hörer, doch bereits zu Beginn zeigt sich, wie schon in jedem Song zuvor, seine scheinbar unerschöpfliche Liebe zu "whoohoo"- und ähnlichen Ausrufen. Die restlichen Lyrics sind ebenfalls wenig einfalls- und abwechslungsreich.
"Spaceship" ist nach "I Don't Know" eine weitere Ballade, der es am gewissen Etwas fehlt. Die aufgebaute Atmosphäre ist zwar klanglich angenehm, bleibt jedoch aufgrund des schleppenden Rhythmus und des fehlenden Spannungsbogens nicht im Gedächtnis. Einzig Kümmerts kuriosen Gesang in der Bridge, der sehr rausgepresst klingt, vergisst man nicht. Auch der "Poor Boy Boogie" wird auf Dauer ermüdend, da sich die grundlegende instrumentale Begleitung nicht ändert. Dem Track fehlt der Drive, was daran liegt, dass die Gitarre tief im Mix versteckt ist. Das ist auf "Laying In Front Of You" anders und macht es mitsamt des Gitarrensolos zu einem der spannenderen Momente auf der Platte.
Mit "Rocket Man" besinnt sich selbiger zurück zu seinen The Voice-Wurzeln. Schon 2013 coverte er den Elton John-Hit in den Blind Auditions und überzeugte alle Coaches. Jetzt wagt er eine andere Interpretation, in der er mehr Gitarre unter seine Stimme und mehr Kraft in diese legt. Vom Original bleibt nicht viel, da das Klavier kaum hörbar ist, und der Gesang nicht so mühelos wie beim Sir klingt.
Im Closer "Miracles" schließt sich die in "Leave The Radio On" aufgemachte Klammer: Wieder überzeugt der geschichtete Gesang, wieder sind Radiostationen undeutlich zu vernehmen. Es ist ein smoothes Stück, das genau den richtigen Ton trifft. Damit rundet es das sonst sehr durchwachsene Album ab. Kümmerts Liedern fehlt es an Impulsen, sie wieder und wieder anhören zu wollen.
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