laut.de-Kritik
Produziert in Rekordzeit: Das hört man.
Review von Dani FrommMan müsste schon weit abseits der Realität herumkrebsen, um sich anno 2014 von einem DSDS-Gewinneralbum noch erbosen, erschüttern oder enttäuschen zu lassen. Zehn Staffeln zuvor haben längst gezeigt, was man sich mit ein bisschen gesundem Menschenverstand auch so hätte zusammenreimen können: Es geht keineswegs darum, einem jungen Künstler ein Sprungbrett zu bieten oder gar ein Karrierefundament zu gießen. Man will die Kuh nur hurtig melken, ehe sie wieder vom Eis und in den Nebeln des Vergessens entschwunden ist.
Im Fall Aneta Sablik haben trotzdem gleich zwei Umstände Anlass zu leisen "Vielleicht doch ..."-Gedanken gegeben. Erstens: Anders, als in vielen Vorjahren gewann diesmal tatsächlich die Kandidatin mit der besten Stimme. Völlig verdient stand die Polin, die eine beeindruckende Vollprofi-Darbietung nach der anderen ablieferte, am Ende des Talentshow-TV-Marathons als Siegerin da.
Zweitens: Dieter Bohlen tat schon im Vorfeld kund, was so genau niemand hätte wissen müssen: Er wolle lieber Babys machen als das Debüt des neuen "Superstars" zu produzieren. Das mag dem menschlichen Genpool nicht unbedingt zum Vorteil gereichen, der hiesigen Popmusik kann eine solche Verweigerungshaltung dagegen nur gut tun.
"The One" zermalmt das zarte Pflänzchen Hoffnung mitleidlos. Siehe: Bohlen hat keineswegs das Monopol auf so seelen- wie einfallslose Baukasten-Produktionen. Von der Stange an den Autoscooter: Das haben andere genauso drauf. Etwas, das über billige Bummsbeats und Oh-Oh-Ooooh-Mitgröl-Zeilen hinaus geht, ließe sich in der lächerlich kurzen Zeitspanne, die alle Beteiligten für dieses Album opferten, wohl auch kaum fabrizieren.
Die Frage, warum sich nicht endlich einmal jemand ein bisschen Mühe mit dem so aufwändig gecasteten Talent gibt, springt einem im Fall Aneta noch drängender mit nacktem Arsch voran ins Gesicht. Im Gegensatz zu manchem Pietro Lombardi, der ihr schon vorausging, kann diese Frau nämlich wirklich, wahrhaftig und ohne jeden Zweifel singen.
Aneta beherrscht die leisen, zarten, zerbrechlichen Töne so sicher wie die große Theatralik oder die druckvolle Röhre. Erdrückt zwischen Plastik-Bummbumm, Synthiestreichern und Alleinunterhalterkeyboard bekommt ihre Stimme nur leider keinerlei Luft zum Atmen. Der hochgradig eingängige, funktionale, aber eben völlig unoriginelle Großraumdisco-Sound der Tracks unterscheidet sich, wenn überhaupt, nur im Tempo.
Heraus stechen allenfalls die beiden rocklastigeren Nummern "Bad Things" und "That Man Is Mine": Doch selbst dafür wuchsen auf dem Mist der Verantwortlichen wenig eigene Kräuter. Erkennen Sie die Melodie? In meinem Hinterkopf schrappen unaufhörlich die Kinks, Ram Jam und Joan Jett um die Wette. "You really got me." Stimmt leider: Die Riffs wirken derart vertraut, dass sie sich mühelos ins Gehör bohren. Die Ohrwurmmelodie von "The One" wartet dort längst.
"Just Not Into You" mit flott beschwingtem Rhythmus und Neo-Swing-Aroma lässt sich aushalten: eine harmlose, aber fluffige Mitschnipp-Mitwipp-Nummer. Um alle Klischees zu bedienen, kommen mit "You Put Me To Pieces" und "Paper Planes And Runaway Trains" noch zwei nach ganz klassischem Muster gestrickte Klavierballaden ins Töpfchen. Spannung kommt hier zwar keine auf. Die Stücke bieten ihrer Interpretin aber doch wenigstens die Möglichkeit, gesanglichen Fähigkeiten auszuspielen. Verletzung und Wut, Herzbruch und Tragik: alles quillt aus Anetas Stimme.
Den Rest illustriert das gruselige Coverartwork ziemlich treffend: Wie Anetas Gesicht unter einer dicken Schicht Spachtelmasse, so verschwindet ihr Talent in uninspirierten, langweiligen Reißbrett-Produktionen, auf die niemand auch nur einen Funken Kreativität, ein Tröpfchen Herzblut oder wenigstens ein bisschen Zeit verwendet hat. Entsprechend reglos und unberührt lässt "The One" zurück. "We Could Be Lions", stimmt. Die Chance hätte bestanden. So aber: doch wieder nur komplett egal.
4 Kommentare mit 13 Antworten
ganz hübsch ist sie ja, die aneta. wäre aufjedenfall was für das bea(t)ch resort! dort kann sie mann von welt dann gerne was trällern
Lauschmuser, mein alter lautfreund, endlich wieder da....ja und muß dir zustimmen, sie ist wirklich sehr ansehlich, (obwohl meine Favoritin die Melody Haase leider schon früh ausgeschieden ist...)
Dieser Kommentar wurde vor 2 Jahren durch den Autor entfernt.
Wers glaubt wird seelig.
Selig. So wie die Band.
Da finde ich Anetas Musik sogar besser als die von Selig.
ich kann versichern: an diesem album klingt NICHTS nach house.
zur produktionszeit: "Ein Album, das in der Rekordzeit von nur fünf Tagen aufgenommen wurde", schreibt rtl.de. da die den scheiß zu verantworten haben, werden sie es wohl wissen. sollten sie dafür tatsächlich länger gebraucht haben, frag' ich mich, was sie in der zeit angestellt haben.
vielleicht die Sängerin flachgelegt?
Es ist zu schade, denn ihrer Stimme wegen lohnt es sich fast, den einen oder anderen Song zu laden. Die Vocals sind an manchen Stellen schon echt geil, nur stören einen immer wieder diese Songs...
selbst schuld, wenn man sich unter wert verkauft.soll se halt ne band gründen und eigene songs schreiben anstatt sich von der rtl-maschinerie durchbürsten zu lassen.
Waren das vorhin nicht noch drei Redaktions-Sterne?
Nö.
Doch.
Nö.
Doch.
Scheißegal? Selbst wenn, war es wohl ein versehen, denn der Text liest sich definitiv NICHT nach drei Punkten.
-..ich find das Lied gut, sie geht nur momentan ein bisserl im Conchitafieber unter.......