laut.de-Kritik
Eine 45-minütige Schlachtpartie.
Review von Yan VogelIn der Thrash-Historie gibt es bei den stilprägenden Bands den 'Point of no return' zwischen ungebremster, räudiger Raserei und abwechslungsreichen Attacken. Die Grenze zwischen Hamsterad-Headbanging und schädelspaltenden Nackenbrechern verläuft bei Slayer zwischen "Reign In Blood" und "South Of Heaven", bei Metallica zwischen "Kill 'Em All" und "Ride The Lightning".
Diese Bruchstelle verbanden in der Folge Bands wie Testament. Und seit Kreators triumphaler Rückkehr mit "Violent Revolution" floriert die Zunft des gepflegten Hochgeschwindigkeits-Haudrauf ergänzt um melodische Akzente des klassischen Metals.
Auch wenn Bay Area-Kapellen nach wie vor den Ton angeben, gibt es auf dem europäischen Festland gestandene Recken wie die Griechen Suicidal Angels oder die Spanier Angelus Apatrida, die mit einem qualitativ hochwertigen Output die Speerspitze der neueren Generation darstellen.
So brachten die Spanier auf ihren letzten Alben einige Power Metal-kompatible Refrains unter, man denke nur an "Farewell" vom letzten Album "Cabaret De La Guillotine". Die heimatlosen Engel nutzten nun, wie viele andere Musiker auch, die Zeit des Lockdowns, um neues Material einzutüten.
"Angst macht, was unbegreiflich ist", wusste Anton Tschechow. Der Clinch zwischen der Wirkmacht eines Virus und den daraus resultierenden Abstiegssorgen führten dazu, dass das Quartett den permanenten Stresslevel in Dauerbeschallung ummünzte: Olà, die Waldfee, die Ohren müssen ganz schön leiden.
Die spanische Lesson in violence enthält einiges an Sozialkritik, gerade im Hinblick auf neurechte Strömungen, die ihren Hass mit Phrasen wie 'Ich bin nicht rechts, ich habe mein großes Herz innerhalb sehr enger Grenzen versteckt' maskieren, bekommen eins auf die Mützeglatze.
"Indoctrinate" startet als vielseitiges Beispiel der Gattung mit zahlreichen Midtempo-Einwürfen und einem fetten Breakdown am Ende. "We Stand Alone" und "Through The Glass" stehen Pate für die beiden Extreme: hier der hymnische Galopper des Jahres mit griffiger Hook, dort die unbarmherzige Dampfwalze mit tonnenschweren Riffs und düsteren Aussichten wie auf dem Grund des Mariannengrabens.
Ausfälle gibt es auf der 45-minütigen Schlachtplatte keine. Dafür sorgt auch das profunde Zusammenspiel der seit 2002 stabilen Besetzung um Fronter Guillermo Izquierdo. Natürlich fallen im Rahmen der Genregrenzen die Überraschungen überschaubar aus.
Anders als etwa Sepultura pflegt das spanische Abrisskommando zwar kein Lokalkolorit in Form traditioneller Instrumente und Folklore ein. Trotzdem fällt das Urteil mit Blick auf die verschiedenen Subkulturen, die sich im Moshpit tummeln, eindeutig aus: heterogen.
2 Kommentare
Knallt gut rein, hat geile Soli.
Tatsächlich nie was von denen gehört.