laut.de-Kritik
In Musik gegossenes Adrenalin.
Review von Alexander CordasEs gibt einige Alben, die den Metal maßgeblich beeinflusst haben. Wenn es darum geht, die Nachbeben eines Releases aufzuzeichnen, schlägt die Nadel bei Slayers "Reign In Blood" immer noch am höchsten aus. Zumindest, wenn es um Thrash geht.
Was das Ami-Quartett mit diesem epochalen Gewalt-Fanal aus Wut, Aggression und Geschwindigkeit in die Annalen des Metal hämmerte, war schon zum Zeitpunkt des Erscheinens 1986 allen klar, die sich auch nur im Ansatz ernsthaft mit Musik der härteren Gangart auseinander setzten.
Das lag zu einem großen Teil auch an der kompromisslosen Brutalität des Sounds, der so urwüchsig aus den Boxen trümmerte und jedem die Fresse polierte, der nicht bei drei auf dem Baum ist. Gegen die Wucht dieses Monstrums war der auch schon sehr beachtliche Vorgänger "Show No Mercy" ein besserer Kindergeburtstag.
Dass die Band und das Album für eine mittelschwere Krise beim Branchenriesen Columbia sorgten, wird in der an Skandalen reichen Gegenwart gerne vergessen. Aber tatsächlich verschob sich die Veröffentlichung von "Reign In Blood" mehrere Monate. Label-Verantwortliche fürchteten um ihr Image, wenn sie eine LP auf den Markt bringen, die sich mit den gräulichsten Gräueln der menschlichen Abgründe auseinandersetzt.
Dass man die Hauptprotagonisten auch noch in die Nazi-Ecke stellte, war denen aber relativ schnuppe. Sie setzten vielmehr noch einen drauf, erhoben den Reichsadler zum Wappentier ihres Logos und nannten ihren Fanclub 'Slaytanic Wehrmacht'. Deeskalation sieht anders aus. Die musikalische Entsprechung findet sich auf dem gerade einmal 29-minütigen Album und seinen zehn Songs.
"Angel Of Death": Drei Worte, die so viel mehr sind als nur bloß der Titel des wohl bekanntesten Slayer-Tracks. Das Eingangsriff entfaltet einen unwiderstehlichen Sog und reißt den Hörer in einem Strudel mit sich. Mit einer fast fünfminütigen Spielzeit ist er auch gleichzeitig der längste Song des Albums. Wenn sich Dave Lombardo mit seinem Doublebass-Einsatz zum dräuenden Inferno seiner Gitarrenkollegen gesellt, bricht wahrlich die Hölle los.
Beginnt ein Album mit den zärtlichen Worten "Auschwitz, the meaning of pain", sollte man eben keine Balladen erwarten. Tom Araya liefert mit seinem Organ die perfekte Abrundung dieses Wahnwitzes. Er bellt, knurrrt, schreit sich den Wolf, dass man sich keine perfektere Untermalung des instrumentalischen Amoklaufes wünschen könnte. Und in diesem Stile krawallt es in einem fort. Es fliegen einem die Riff-Attacken um die Ohren, bis im zünftigen Kehraus "Raining Blood" der Wahnsinn ein Ende findet.
Wer filigrane Gitarrensoli liebt, sollte sich woanders umhören. Was Hannemann und King hier zusammen gniedeln spottet jeder Beschreibung und ist dennoch immer wieder ein Heiden-Hörspaß. Mal kurz das Griffbrett rauf- und runtergewichst, fertig ist das instrumentale Zwischenstück. Glaubt man der Legende, ist das jaulende Klampfengequäke lediglich das Resultat von Rubins Insistieren auf mehr Soli. Nun denn: Danke, Rick.
Wenn am Ende Dave Lombardo auf die Toms drischt und die Gitarren Dämonen gleich den Blutregen ankündigen, findet ein Album ein Ende, das von seiner Grundausrichtung kaum bösartiger und widerwärtiger ausfallen könnte. Genau das macht seinen Reiz aus. Hier erklingt auf nicht einmal einer halben Stunde in Musik gegossenes Adrenalin, der feuchte Traum eines jeden Metal-Fans.
Die optische Entsprechung dieses Gemetzels erfährt "Reign In Blood" mittels der Covergestaltung. Larry Carroll schwingt hier zum ersten Mal für die Band den Pinsel - oder das, womit man derartige Fantasien eben kreiert. Dagegen malen sich Hieronymus Boschs surreale Gemälde aus wie Bilder einer Kaffeefahrt.
Andere Bands mögen auf ihre Weise ganz hervorragende Alben geschrieben und eingespielt haben. Slayer erschaffen jedoch als einzige Combo ein derart in sich stimmiges Kunstwerk, das mit Fug und Recht als endgültige Definition in Sachen Thrash gelten darf. Ein göttliches Teufelswerk.
In der Rubrik "Meilensteine" stellen wir Albumklassiker vor, die die Musikgeschichte oder zumindest unser Leben nachhaltig verändert haben. Unabhängig von Genre-Zuordnungen soll es sich um Platten handeln, die jeder Musikfan gehört haben muss.
57 Kommentare mit einer Antwort
Drecks Platte!
EDDIE!!! ICH LIEBE DICH!!!
Schönes Album.
HAMMER Album! YES!
35 jahre und immer noch ein brutales brett!!!
überbewertet!!!
Die einzige Möglichkeit für Slayer zu schaffen, dass den Leuten das Blut in den Adern gefriert, ist, wenn sie sich in "Craze" umbenennen.