laut.de-Kritik
Die deutsche Seeräuber-Jenny sticht ins Herzfleisch.
Review von Artur SchulzMit der Maxime "Schöner starker Tag / heute fliegen / alle Enterhaken" agiert Annett Louisan in "In Meiner Mitte" als unverzagte Lebens-Piratin. An Bord hat sie Feen, glückbringende Hufeisen, vierblättrigen Klee, reichlich Alkohol und ein paar Stangen Zigaretten.
Ein vertrauter Lyrics-Fahrensmann ist auf Annetts Reise zur Song-Schatzinsel nicht mehr mit von der Partie: Frank Ramond überlässt das Feld der Textkanonen-Bestückung Annette Humpe, Danny Dziuk (Stoppok, Fischer-Z), Ulla Meinecke und Satiriker Wiglaf Droste. Mit ungewöhnlichen und hörenswerten Resultaten.
Es hat sich was getan seit "Teilzeithippie", eine über zweijährige Alben-Pause gab es bei Annett Louisan bislang noch nie. So gereift und punktgenau sezierend hat man die Künstlerin noch nie gehört.
Experimentierte bereits der CD-Vorgänger mit (oft noch zögerlichem) Tasten und Erforschen neuer Stil-Regionen, wagt die Sängerin auf "In Meiner Mitte" einen radikaleren Umbruch. Zunächst in Form des Titel-Tracks, der mit effektiven Zirkuswalzer- und Zigeunertanz-Exkursionen den persönlichen "Spiel"-Urknall reflektiert - und Annetts aktuellen Kompass gleichzeitig auf andere, tiefgründigere Gewässer justiert.
"Verschwinde" gefällt als zielstrebiges, facettenreiches Vexierspiel zum Thema Beziehungs-Ende. Das gewachsene Selbstbewusstsein der Sängerin schlägt sich auch aufs Songwriting nieder. Denn erstmals schrieb Annett als Co-Autorin an den Lyrics diverser Tracks mit.
"Schlaf (Morgen Früh Bist Du Zurück)" fungiert als den Hörer betörende, mesmerisierende Variante aufmüpfiger Sixties-Elemente im Spannungsfeld zwischen Kinks-Beats und Strawberry Fields-Seligkeit, inklusive einer kräftigen Dosis Psychedelic-Absinth. Die als Mix aus Kabarett-Revue und Berliner 20iger Jahre-Reminiszenz angelegte "Pärchenallergie" aus der Feder Annette Humpes beschreibt trefflich das Peinlichkeits-Syndrom allzu öffentlich gelebter Harmonie: "Ach Pärchen, kennt ihr keine Gnade / habt ihr für Menschen / kein Gefühl?"
Textlich (Droste) und kompositorisch (Hardy Kayser) räkelt sich "Von Der Liebe" sinnlich im Schmerz: "Die Liebe ist manchmal ein Messer / und schneidet in Herzfleisch / und Blut". Hier steht Annett als Seeräuber-Jenny zwischen blakenden Petroleumfunzeln in fett zigarettenrauch-geschwängerter Haifischbar-Nacht, und gesteht: "Es ist ja nicht so, dass du Brecht liest / und kennst noch nicht mal Blues / ach Süßer, der du so schlecht bist / weißt du, wie gut du mir tust?"
Folgerichtig macht La Louisan, an die Blues-Reling gelehnt, auch auf "Zweite Chance" eine recht gute Figur. Starke Texte, glaubhafte Emotionen, vielschichtig schillernde Songs: Mit "In Meiner Mitte" gelingt der Sängerin fraglos ihr bisher bestes Album.
13 Kommentare
Keine Frage, das Album ist klasse. Vielleicht könnt aber mal jemand anderes eine Louisan-Review schreiben?
Wäre so als ob ich eine Britney Spears Review schreiben würde
Leser-Wunsch ist immer Befehl! Werde Eddy bitten, dass er das dann nächstesmal übernimmt.
In meiner Hose sticht der türkische Meerjunge-Johannes ins Pofleisch...
Also wenn ich Fräulein Louisan höre, denke ich immer an ältere Männer die sich an Spielplätzen aufhalten....... sorry aber dieses nymphenhafte Getue und die achsotiefgehenden Texte die man nach maximal dreimaligem Hören nicht mehr erträgt.
Zur Stimme sag ich lieber nix.............
Boah ich hab die Rezie tatsächlich übersehen wie konnte das Geschehen??? Arrrgh.
4 Sterne gibts auch vom Swingmaster da das wirklich gute Musik ist auch wenn sie polarisiert. So ist es ja meistens bei sehr guten Künstlern.
@ Swingmaster: habe dieser Tage gesehen, dass es jetzt eine Special Edition mit brandneuen Tracks DVD gibt, werde da mal die Tage beim hiesigen Media Markt vorbeischauen. Persönlicher Tipp: die Depenbusch-Neuauflage "Die Mathematik Der Anna Depenbusch in Schwarz/Weiß". Das nenne ich mal eine rundum lohnenswerte, weil komplett anders eingespielte Sonderedition. Kriegt bei mir einen Punkt mehr als das 'offizielle' Album - das Mädel hat was! (künstlerisch natürlich). Bin gespannt, was da noch kommt.