laut.de-Kritik
Rücksichtslos, ungefiltert, unmittelbar aufs Maul.
Review von Dani FrommAuch wenn man tief drinnen weiß, dass es sich anders verhält: Angesichts der Auswürfe mancher kann man durchaus auf den Gedanken kommen, es gehe mit Hip Hop schwer bergab. "Den Bach obi", wie es der Österreicher formuliert. Zumindest, sofern er sich Ansa nennt: Der erste unter den Vamummtn lässt nämlich kein gutes Haar an der Rap-Szene seiner Heimat: "Wennst wacke Rapper suchst, is' Österreich a Paradies."
Weswegen sich der "Jägiritter" gleich im Prolog zu seinem Alleingang erst einmal abgrenzt: "Die ganzen anderen Rapper in dem Land: irrelevant", lautet sein vernichtendes Urteil, "uninteressant, scheiße oder Famehunter". Nö, zu dieser Bagage, "alles nur Image, alles Toyrapper", da möchte er nicht dazugehören. In logischer Konsequenz gilt für die Meinung der Konkurrenz das gleiche wie für die der Hater: "Scheißegal".
Die dicke Hose anziehen und sich über alle anderen erheben: Das gehört unter Kopfnickern beinahe zum guten Ton, genau wie sich übers Rap-Machen, über Partys, übers Saufen und darüber, hier und da 'n paar Mädels flachzulegen, auszulassen. Ansa erledigt derlei Pflichten im Vorbeigehen, so bleibt ihm danach noch Zeit für die Kür: tiefer schürfen.
Die Menschheit: in Ansas Augen eine zum Scheitern verurteilte "Species", in deren Vertreter er keinerlei Vertrauen, auf deren Meinung er dafür einen dampfenden Haufen setzt, so lange es sich nicht um die eigene Tochter, um handverlesene Freunde oder Familienmitglieder handelt. So misantropisch sich Ansa gibt, so sehr lodert aus seinen Worten das Feuer für die Menschen, die Dinge, die Überzeugungen, für die sein Herz tatsächlich schlägt.
Für die Musik, etwa: An der Realness seiner Hingabe zum Rap lässt "Jägiritter" keinen Zweifel. Ansa bleibt seiner Liebe treu, auch wenn die Beziehung in der Krise steckt, und sowieso, wenn ihm die Passion "Ka Göd" einbringt, oder doch zumindest zu wenig davon. "Warum Is Des So"? Weil, warum auch immer, zu viele Leute die falschen Sachen pushen. "Ka Wunder, dass mi kana feiert."
Zumindest teilweise liegt die im Vergleich zu Landsmännern wie RAF Camora, Nazar oder Chakuza signifikant geringere Breitenwirkung des Ansas sicher an der Verständlichkeit: Hip Hop in Bergsprache erreicht halt einfach nur ein Nischenpublikum, auch wenn sich, rappt einer, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, jede Emotion viel ungefilterter, unmittelbarer transportieren lässt.
Übertriebene Rücksichtnahme scheint aber ohnehin nicht das Problem des Ansas darzustellen. Jetzt erst recht, so seine Reaktion auf alles, das ihm in die Quere kommt. Also 'ne ganze Menge. Er stellt sich notfalls auch ganz alleine gegen den Rest der Welt. Der Tag, an dem das nötig ist, scheint allerdings noch in weiter Ferne zu liegen: Vorerst steht Ansa unter anderem sein vamummter Kumpel Zwara zur Seite. Oder Sanno von den War Wolves. Oder DJ Crum an den Turntables ... und natürlich die Herrschaften, die die Produktionen zu verantworten haben.
Die erledigen ihren Job nämlich allesamt tadellos. Die wattige, vordergründig entspannte Stimmung von "Schena Is Besoffen" zum Beispiel steht der Nummer so wunderbar, man könnte glatt drauf reinfallen und Alkohol tatsächlich für ein probates Mittel gegen alles halten, das gerade den Schädel fickt. Natürlich funktioniert das nur zeitweise und bedingt: Um aber die leise Traurigkeit zwischen den coolen Bläsern heraus zu hören, muss man schon auf die Worte achten.
Mit Ausnahme von "Ka Göd", in dem mir schlicht zu viel Effektgedöns drinsteckt, passen die Beats bestens und bilden im Verbund mit Vortrag und Inhalt wirkungsvolle Geschosse, um die ein oder andere Einsicht in die ein oder andere Rübe zu feuern. Deren wichtigste: Persönliches geht über Materielles, und nach dem Ackern kommt das Vergnügen. Und danach? Weiterfeiern. Wohlsein.
1 Kommentar
ich hatte das vorgänger album und wenn man sich mal über den akent hinwegsetzt war das schon ziemlich gut