laut.de-Kritik
Bush-Bashing in unerwartetem Sound-Update.
Review von Mathias MöllerAnti-Flag stehen wie wenige Bands seit Jahren für die konsequente Auflehnung gegen die herrschenden Verhältnisse in den USA und für eine kritische Auseinandersetzung mit Politik und Gesellschaft. Dieses Standing haben sie sich trotz ihres Wechsels von Fat Wreck zum Sony-Sublabel Red Ink gewahrt.
Bemängelte ich anlässlich ihres letzten Albums "For Blood And Empire" noch fehlende musikalische Innovation, wird mir hier gleich zu Beginn versichert, dass sich dieser Vorwurf nicht aufrechterhalten lässt. Eine Akustikgitarre wird hart angeschlagen, Justin und Chris #2 singen wie gewohnt im Chor. "Good And Ready" beglückt weiterhin mit einer ungewöhnlichen, unpunkigen Bassline und dem nötigen Schuss Wiedererkennungseffekt.
"You'll get yours when you're good and ready, you'll get yours and go straight to hell", an wen mag das wohl gerichtet sein? Klar: Das politische Establishment und allen voran der Präsident bekommen auch 2008, kurz vor Ende der Bush-Amtszeit, nochmal dick das Fett weg. Die musikalische Innovation drückt sich gleich im Opener anhand Triangelspiels und Kinderchor (der sich aus den Kindern der Familien und Freunde zusammensetzt) aus.
Und wenn der Titeltrack aus dem Kopfhörer tönt, meint man fasst, im falschen Album zu sein. Straight und schnell rocken Anti-Flag los, erst als der Gesang loslegt: Alles beim Alten! Und die Band erinnert wieder einmal daran, dass sie neben ihrem starken Bewusstsein für das Falsch und das Richtig noch eine ganz andere Stärke besitzt: Das Händchen für die Hammer-Hookline.
Keine Frage: Musikalisch hat sich das Quartett noch einmal weiterentwickelt. Percussion-Elemente tauchen hier und da in den Songs auf - geht sowas überhaupt im Punkrock? Klar! Sogar ohne auch nur ein Iota an Gewicht zu verlieren. Dass sie in Sachen Songwriting gereift sind, mag man auch an der Tatsache ablesen, dass kein Song unter drei Minuten auf "The Bright Lights Of America" zu finden ist.
Thematisch bleibt wie gesagt alles beim Alten, doch auch lyrisch haben sich die Pittsburgher weiterentwickelt. So zeiht man beispielsweise Parallelen zwischen der Korruptheit und der Verdorbenheit des modernen Amerika und dem alten Rom ("The Modern Rome Burning").
"No Warning" groovt dank des Off-Beat-Rhythmus und bietet im Mittelteil eine so von der Band auch noch nicht gehörte noiserockige Entgleisung. Am Ende brechen alle in tribalistisches "Hey hey" aus. Wow. Das brutal zusammengeknüppelte "Spit In The Face" erinnert da doch schon wieder mehr an die alten Anti-Flag.
Noch einmal hört man im verschleppt gespielten "We Are The Lost" auf, wenn auf einmal Celli zu hören sind. "Go West" erfüllt den Part der getragenen Hymne und "The Smartest Bomb" tragen Synthieflächen, die die Glocken der Gerechtigkeit einläuten. "Shadow Of The Dead" überrascht den Hörer dann noch einmal mit Trompeten und deutlich verlangsamtem Tempo.
Anti-Flag sind eine Punkband, die ich nicht unbedingt auf der Liste hatte, wenn es darum geht, die innovativste Combo im Sport zu nominieren. Doch die vier Buben haben es geschafft, frische Ideen in ihre Musik einzubringen und sich selbst somit eine ebenso notwendige wie hörenswerte Frischzellenkur verpasst.
3 Kommentare
nach dem ersten hören drängt sich mir der eindruck eines deutlich gereiften songwritings auf, welches den texten nicht nur als parolenuntermalung dient, sondern hier gleichberechtigt neben diesen steht.
ebenso gelungen ist die gesangliche mischung aus rotzpunk und zweistimmigem harmoniegesang.
haben die gleiche melodiöse stärke bekommen, wie zb pennywise oder bad religion; ohne jene zu kopieren.
erfreuliche entwicklung, die ich nach dem letzten - auf mich eher routiniert wirkenden - werk so nicht erahnt hätte.
hm.
supersache.
aber irgendwie zu bombastisch. terror state + blood and empire mag ich lieber.
@dein_boeser_Anwalt (« nach dem ersten hören drängt sich mir der eindruck eines deutlich gereiften songwritings auf, welches den texten nicht nur als parolenuntermalung dient, sondern hier gleichberechtigt neben diesen steht.
ebenso gelungen ist die gesangliche mischung aus rotzpunk und zweistimmigem harmoniegesang.
haben die gleiche melodiöse stärke bekommen, wie zb pennywise oder bad religion; ohne jene zu kopieren.
erfreuliche entwicklung, die ich nach dem letzten - auf mich eher routiniert wirkenden - werk so nicht erahnt hätte. »):
auch nach mittlerweile mehrmaligem hören bestätigt sich der obige eindruck.
gutes teil. kein fehlkauf!
jedem freund des melodiösen punkrox zu empfehlen