laut.de-Kritik
Heiße dominikanische Rhythmen aus der Bronx.
Review von Giuliano BenassiSchon nach den ersten Minuten des Openers "Obsesión" scheint schwer verständlich, warum es zwei Jahre dauerte, bis der Ohrwurm seinen Weg in die deutschen Charts geschafft hat. Eine funkige Gitarre und fröhliche Perkussionen begleiten ein fiktives Handygespräch zwischen einem Mann und einer Frau. Im Refrain singt sie "was du verspürst ist keine Liebe, sondern Besessenheit". Sie klingt durchaus sexy.
Das billige Cover trügt. Bei Aventura handelt es sich nicht um eine klassische Boygroup, sondern um ein zehnköpfiges Kollektiv, das alles selbst in die Hand nimmt. Anthony Santos singt, sein Bruder Henry komponiert, Leny Santos spielt Gitarre und produziert, sein Cousin Max rappt und steuert den Bass bei. Viele Santos, zu denen sich unter anderen auch die Sängerin Judy (Santos) gesellt.
Eine gelungene Kombination wie auch der weitere Verlauf des Albums beweist. Aventura beeindrucken zwar kaum durch die einfach gehaltenen Texte und die eine Spur zu schnulzige Stimme des Sängers, dafür umso mehr durch die Zusammenarbeit von Gitarre, Bass und Perkussionen. Besonders die Cousins überraschen durch ihre Fingerfertigkeit. Lenys Spiel wurzelt in Afrika und erinnert an die Einlagen des Kameruners Vincent Nguini bei Paul Simon, aber er lässt auch andere Einflüsse gelten, wie das Zitat aus Michael Jacksons "Smooth Criminal" in "I Believe" oder das Titelthema aus "Beverly Hills Cop" in "Perdi El Control" zeigen. Max slappt sein Instrument, dudelt aber auch Tonleitern runter und sorgt für Stimmung im Hintergrund.
Grundlage von Aventuras Musik ist die Bachata, ein traditioneller Musikstil aus der Dominikanischen Republik, aus der sie alle stammen. Im New Yorker Stadtteil Bronx aufgewachsen, bauen sie jedoch auch Elemente aus Hip Hop, Pop und Rock ein. Die karibische Atmosphäre steht im Vordergrund, unter das eigene Material mischt sich aber auch eine Coverversion von Justin Timberlakes "Gone". Komplett unnötig sind nur die zwei Remixe von "Obsesión" zum Schluss. Ein Verbrechen, mit dem sie aber nichts zu tun haben dürften.
Ein Vergleich mit dem Buena Vista Social Club wäre vermessen, da es sich bei Aventura weniger um ethnische Entdeckung als um eine Kulisse für eingängige Stücke und kommerziellen Erfolg handelt. Dennoch gehen sie ihren eigenen Weg und können auf beachtliche musikalische Fähigkeiten verweisen - wie sie mit den Nachfolgern "Amor Y Odio" (2003) und "Unplugged" (2004) bereits bewiesen haben.
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