laut.de-Kritik

Lassen im Jazzschuppen die Titten tanzen.

Review von

Beardfish tragen auf "The Void" weniger das Erbe der Siebziger weiter. Wie auf dem Vorgänger "Mammoth" widmet sich die Schweden dem Spirit Prog-Metallischer Vertreter wie Psychotic Waltz. "Voluntary Slavery" könnte glatt als Überschuss der Songwriting-Session zu "A Social Grace" durchgehen.

Der dynamische Mittelteil von "This Matter Of Mine" schlägt einen Bogen von Megadeth über Genesis hin zu Watchtower. Progressive Rock in der Umklammerung hartmetallischer Riffs trifft es hier auf den Punkt. Den Härtegrad verbinden die vier Musiker mit technischer Finesse, die als literarisches Pendant eher Joyce als Roche vermuten lässt.

Dass die Hintergrundstrahlung des Prog-Urknalls aus den Siebzigern noch die Sensoren von Hauptsongwriter Rikard Sjöblom erreicht, beweist "They Wisper". Das vielschichtige Arrangement mit seinen Tempi-Wechseln und Hörspiel-Parts atmet zudem den psychotischen Charme eines Frank Zappa.

Im Intrumental "Seventeen Again" lassen Beardfish im Jazzschuppen die Titten tanzen, um danach auf einem von Synthies getragenen Regenbogen tief in die Erlebniswelten des mittlerweile jenseitigen Geistes von /wortlaut/artists/d/deep_purple/index.htm einzutauchen.

"Ludvig & Sverker"s traumhafte Melodien und Harmonien entlarven die Musik, nachdem die Bitterkeit, die in den Lyrics anklingt, wie ein verzweifelter Nachruf auf eine zerbrochene Liebe klingt.

Der Longtrack "Note" ist musikalisches Theater in Perfektion. Beardfish sind das Prisma, das unterschiedliche Spielarten wie ein Klavierkonzert und Hardrock sowie progressive und einprägsamen Strukturen scheinbar mühelos bündelt und trotz der Patina, die ihren Heroen anhaftet, erstaunlich innovativ klingt.

Den Tiefgang der letzten Baroness-Platte erreichen die bärtigen Fische nicht. Dafür klingen sie einheitlicher als zuvor. Keine Produktion, die vor Bass zerbirst und einen Scroll-Marathon durch das Cubase-Projekt erfordert. Etwas nervig klingt die Aussteuerung der Gitarren, die sehr Höhen- und Gain-lastig ausfällt. Auch wenn das ordentlich rumpelt, lässt es eher am Hörvermögen der Musiker zweifeln, denn die Anfälligkeit des Hörapparats infolge hoher Lautstärke oder fortschreitenden Alters macht sich vor allem im höheren Frequenzspektrum bemerkbar. Generell der Sound: Sicher, man hört hier keinen Lo-Fi, aber zu einer satten, authentisch klingende Vintage-Produktion hat es nicht gereicht.

Trackliste

  1. 1. Intro (By Andy Tillison)
  2. 2. Voluntary Slavery
  3. 3. Turn To Gravel
  4. 4. They Wisper
  5. 5. This Matter Of Mine
  6. 6. Seventeen Again
  7. 7. Ludvig & Sverker
  8. 8. He Already Lives In You
  9. 9. Note
  10. 10. Where The Lights Are Low

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2 Kommentare

  • Vor 12 Jahren

    Mit dem 5. internationalen Album dann auch mal bei laut angekommen, oder sogar komplett im Progressive-Konsens. Das Meisterwerk Sleeping In Traffic wurde damals von Kollege Alex nach kurzer Preview noch als zu lahm abgetan.
    Seitdem hat sich Beardfish weiterentwickelt, ohne ihren eigenen Charme zu verlieren, aber leider auch ohne gängige Fehler zu begehen und experimentiertfreudigkeit mit fehlendem Ziel zu verwechsel. So wandelt man mittlerweile quer durch alle Gefilde und bleibt dabei oft an oberflächlichen Metall-Attitüden hängen.

    Beardfish bleibt auch auf diesem Album gefällig und lässig, allerdings zu verkopft und behäbig. Der unwiderstehliche Schwung der ersten Alben bleibt zwar aus, bei Beardfish macht man aber immernoch generell wenig falsch, wenn es mal wieder eine Prog-Platte sein soll.

  • Vor 9 Jahren

    progressive rock ist allgemein schwer ohne eigene beeinflussung fair zu beurteilen: ich habe die schweden bei der arbeit nachts auf den ohren kennengelernt: sleeping in traffic pt.2: DER LONGTRACK!!!! endlich war was passiert, von wegen zu lahm, genial und furchtbar nett die jungs-seid froh dass nicht alle die musik einer helene fischermann spielen: seid dankbar!!!!