laut.de-Kritik
Große Gäste-Sause und ein ganz neuer Vibe.
Review von Kai ButterweckEs gibt ja einige, die der Ansicht sind, die Beatsteaks hätten sich in den vergangenen Jahren eine monotone Sound-Komfortzone zusammengebastelt. All diese Menschen dürften dieser Tage besonders große Augen machen. Auf ihrem achten Studioalbum "Yours" brechen die Herren Teutoburg-Weiß, Götz, Kurtzke, Baumann und Scholz nämlich mit allen Konventionen.
Punkrock? "Wir sind schon lange keine Punkrockband mehr!", bellt Basser Torsten. Im Wissen darüber, dass die Wuhlheide so oder so bis ans Band-Lebensende rappelvoll wird, lassen die Beatsteaks im 22. Business-Jahr die Hosen runter. 21 Songs? Klaro, keen Problem. Hauen wir alle raus! Songs in drei Sprachen? Kriegen wir ooch hin! Mit den Damen und Herren von Deichkind und Stereo Total im Studio abhängen? Warum nicht!? Und wenn wir schon dabei sind, dann laden wir auch noch Farin Urlaub, Jamie T. und All-Shouter Chad Price mit ein. Das wird ne Sause!
Bei so viel Schaltraum-Input aus den verschiedensten Branchenbereichen ist es kein Wunder, dass das Ergebnis am Ende klingt, als krieche hier eine ganz neue Band aus dem Berliner Dunkel ins Licht. Und die hat's hörbar drauf. Gemeinsam mit Francoise Cactus intensivieren die Beatsteaks die deutsch-französische Sound-Freundschaft ("Velosolex"). Brückenstraße meets Champs Elysées? Passt. Currywurst im Baguette? Schmeckt. Ein bisschen Blödeln muss erlaubt sein.
Jamie T. ist auch ein spaßiger Geselle. Mit luftig lockeren The Clash-Vibes im Gepäck erinnert er die Berliner an ihre Jugendhelden ("Hate To Love"). Auch Farin Urlaub könnte mit Joe Strummer dienen. Der Oberarzt hat aber mehr Lust auf leicht angezerrten Loveletter-Deutsch-Pop ("Abbadu"). Deichkind Philipp Grütering steht erwartungsgemäß mehr auf sattere Sounds. Arm in Arm mit Loser-Buddy Arnim tanzt und groovt das Nordlicht durch laue Spätsommernächte ("L Auf Der Stirn"). Und Chad Price? Was bringt der All-Sänger auf den Tisch? Natürlich eingängigen Punkrock. Melodiös und schnörkellos geht's zurück ins Jahr 2002. Thumbs up!
Von skurrilen Achtspur-Ekstasen bis hin zu blubbernden Pop-Spielereien: Die Beatsteaks und ihre Spielgefährten lassen auf "Yours" alle Leinen los. Selbst die ohne Zuarbeit von außen verewigten Nummern rocken ("Break Down", "Sucker Punch"), poppen ("Yours", "Fever") und grooven ("Filthy Crime", "I Do") allesamt über den Tellerrand.
Natürlich entfaltet sich "Yours" in seiner ganzen Pracht nicht bereits nach dem ersten Durchlauf. 21 Songs brauchen ihre Zeit. Wer allerdings Geduld mitbringt, Bands auf die Schultern klopft, die auch mal was wagen und für den Weg zur Arbeit einen facettenreichen Soundtrack für alle Jahreszeiten bevorzugt, der kommt hier voll auf seine Kosten.
10 Kommentare mit 11 Antworten
"Auf ihrem achten Studioalbum "Yours" brechen die Herren Teutoburg-Weiß, Götz, Kurtzke, Baumann und Scholz nämlich mit allen Konventionen."
Das halte ich, natürlich ungehört, für die größte Lüge seit der Mondlandung. Ungehört 1/5!
Warum gibt man ungehört kommentare zu einem Album ab? Ich muss dem Artikelschreiber absolut recht geben. Beim ersten Hören hats mich auch nicht von den Socken gehauen. Nach Durchgang 3 oder 4 muss ich sagen: MEGA! Macht richtig bock.
Ungehört, 1/5
Keine Ahnung was viele an den Beatsteaks so scheiße finden. Sind ganz sympathisch, machen harmlose Musik, aber leider auch etwas langweilig. Gibt ne Menge schlimmeres.
Problem ist, dass die seit limbo messiah selbst absolut austauschbar sind.
Bin eigentlich eher Fan von kurzen Alben, nach dem Motto: All Killer, No Filler. Fand diese 'Mixtape' Idee also ersmal nicht so geil, aber irgendwie macht mir das bei den Beatsteaks nichts aus. Ich würde zwar nicht soweit gehen und sagen, dass sich die Band wirklich aus ihrer Comfort-Zone heraus traut, aber so lange das ganze Album nicht wie "L auf der Stirn" klingt, ist das vielleicht auch besser so. Ein zweites "Limbo Messiah" oder "Launched" erwarte ich aber auch nicht mehr von den Jungs. Live sind die sowieso untouchable.
Word!
Love it.