laut.de-Kritik

Beats und Basteleien gehören der Vergangenheit an.

Review von

Dass sich etwas Gewaltiges geändert hat, zeigt ein Blick ins Booklet. Waren es früher Elektroniker wie William Orbit, Chemical Brothers oder Ben Watt, die sich um den Sound kümmerten, vertraut Beth Orton diesmal einem Gitarristen - Jim O'Rourke, der neben einigen Soloveröffentlichungen auch bei Sonic Youth spielt.

Um einen epochalen Umbruch, wie es sinngemäß auf ihrer Webseite heißt, handelt es sich dabei nicht. Wie der Opener "Worms" zeigt, ist Orton jedoch dort angekommen, wo sie sich eigentlich schon immer befand: In der Sparte Singer/Songwriter. Ihre klare Stimme begleitet sie mit Akustikgitarre und Klavier, ihre Texte handeln von Liebe und den Gegebenheiten des Lebens aus einer subjektiven Perspektive. Keine Beats, keine Basteleien – "Comfort Of Strangers" beruht auf rein analoge Klänge.

Dass zwischen der Aufnahme und der Veröffentlichung ihres vierten Studioalbums ein Jahr vergangen ist, liegt wohl nicht nur an der Bürokratie und der angeblichen Bosheit des Business. Die Melodien fließen dahin, die Stimme ist nach wie vor einprägsam, auch nette Verse sind dabei - etwa der allererste: "Worms don't dance, they haven't got the balls"-, dennoch fällt es schwer, für die Stücke Begeisterung aufzubringen.

Der Grund offenbart sich nach dem dritten oder vierten Anhören: Er liegt in der rhythmischen Begleitung, die einfach nicht mit der Musik harmonieren will. Schlagzeug, Marimbas und Perkussionen erzeugen eine Unruhe, die von Ortons Melodien und Texten ablenkt. Da nutzt es nichts, dass das schöne Titelstück und "Shopping Trolley" in Zusammenarbeit mit Matt Ward entstanden, der ja bei der Erzeugung von Atmosphären ein glückliches Händchen hat.

So hört sich Orton wie eine Mischung aus Suzanne Vega und der frühen Fiona Apple an, ohne ihren eigenen Stil hervorheben zu können. Das ist zu bedauern, denn es scheint viel Herzensblut in die Stücke geflossen zu sein, wie auch das selbst gestaltete Booklet zeigt. Bleibt die Hoffnung, dass die Lieder live besser zur Geltung kommen.

Seit ihrem viel beachtetem Debüt "Trailer Park" (1996) sind zehn Jahre vergangen. Mit "Comfort Of Strangers" beweist die Engländerin, dass noch Einiges in ihr steckt. Sie muss nur jemanden finden, der es aus ihr herauslockt.

Trackliste

  1. 1. Worms
  2. 2. Countenance
  3. 3. Heartland truckstop
  4. 4. Rectify
  5. 5. Comfort Of Strangers
  6. 6. Shadow Of A Doubt
  7. 7. Conceived
  8. 8. Absinthe
  9. 9. A Place Aside
  10. 10. Safe In Your Arms
  11. 11. Shopping Trolley
  12. 12. Fera
  13. 13. Love Of Soul
  14. 14. Pieces Of Sky

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