laut.de-Kritik
Experimentierfreude zwischen Synthpop und Heavy Metal.
Review von Anne NußbaumSelten ist etwas, mit dem Anthony Gonzalez, der Kopf hinter
Schon Bates' Remix-Tätigkeiten für M83 sprechen für sich: Seines hervorstechendsten Erkennungszeichens – dem zirpenden Synthie-Motiv – entledigt, ist "
So bietet "Big Black Delta" großen Spielraum für Phantasmen. Komplett am Laptop produziert, verortet der Kalifornier seinen Sound in den Zwischenwelten scheinbarer Gegensätze: organische Wärme vs. technisch-digitale Kälte, Zartheit vs. Verstörung, Mensch vs. Maschine. In den Grauzonen derartiger Dichotomien bewegen sich Bates' gewaltige Kompositionen.
Dabei lässt der Musiker kaum Eindeutigkeiten zu. Er übt sich lieber in der Auslotung der Möglichkeiten zwischen Populärem und Abseitigem. Schon auf "Put The Gun On The Floor", das unweigerlich
Glockenhelle Synthies, wuchtige Klatsch-und-Stampf-Beats, digitale Engelszungen, dazwischen verzerrte Stimmen, deren Inhalt schwerlich zu entschlüsseln ist - das sind die Elemente, mit denen der Künstler vorzugsweise arbeitet. Überhaupt: Entschlüsselung ist kaum möglich auf diesem erstaunlichen Erstlingswerk. Wie kryptisch-mathematische Codes muten manche Songtitel an. Besonders "x22" lässt auf Form und Inhalt des Songs schließen: Mechanisches Knallen, heftiges Gitarren-Getöse, atonale Geräusche aus dem Maschinenraum, bis zur Unkenntlichkeit entstellte Gesangsfetzen, die kaum noch etwas Menschliches an sich zu haben scheinen.
Darunter aber auch ganz viel Empfindung: Nach der mechanistischen Zwei-Minuten-Frickel-Orgie ist "Dreary Moon", auf dem Morgan Kibby von M83 die Backing Vocals singt, ein ruhiges, lichtes, wohltuendes Stück Wärme. In
Trotzdem ist eine leise Ahnung von Krise stets präsent, wenn auch nur implizit: Reiner Glückseligkeit, purer Nostalgie gibt sich Bates nie hin. Unterschwellig ist den Stücken durchgehend ein störendes Element immanent, das sich nur subtil offenbart. Vermeintliche Perfektion sieht sich somit kontinuierlich drohender Disruption ausgesetzt.
Das eine kann nie ganz ohne das andere sein: Bates bewegt sich in den Zwischenräumen von Extremtypischem. Dabei nähert er sich ständig einem Pol an, bevor er immer wieder kurz vor dem Moment der Überzeichnung in die andere Richtung zurückpendelt. Tiefe und Weite sind die Dimensionen, die seine übermächtigen Stücke ausloten. Nicht zuletzt durch Projekt- und Albumtitel sowie Cover-Artwork evoziert, wirken seine Songs ausschweifend, allumfassend, bodenlos. Ein Gefühl von galaxienweiter Ferne und Unendlichkeit schwingt bei jedem Klang mit. Bates lädt uns ein, sich in Ausmaß und Dichte seiner derben Arrangements, seiner überbordenden, lauten Aufnahmen zu verlieren.
So zum Beispiel auf "IFUCKINGLOVEYOU": Der Song treibt die musikalische Vision Big Black Deltas auf die Spitze, ist vermutlich ihre konsequenteste Umsetzung. Größtmögliche Diskrepanzen sind hier vereint: Seichter 80s-Pop trifft auf
Besondere Glanzstücke sind "Huggin & Kissin", "Capsize" und "Side Of The Road": So viel Pop-Appeal inmitten einer alles andere als Mainstream-konformen Platte kommt unerwartet. Dabei steckt eine Menge Gefälligkeit in Bates' Stücken, nicht zuletzt weil er sich bei aller elektronischen Experimentierfreude in Song- und Rhythmusstruktur stets recht konventioneller Formalia bedient.
So wunderbar, wie es begonnen hat, endet es auch: "Love You This Summer" bildet den finalen Ruhepunkt der Platte. Leicht hallende Akustikgitarren und Echos von fließenden Synthklängen laufen hier in ambientem Downtempo ineinander. Am Ende bleibt nicht viel mehr übrig als langsam schwindende Percussion. So schließt Bates für uns die Konstruktion seiner musikalischen Zwischenwelt – mal beruhigend, mal grotesk entstellt – ab, die man so schnell nicht mehr verlassen möchte.
5 Kommentare
DANKE für diese Review! Die mit Abstand interessanteste Neuentdeckung für mich dieses Jahr.
Interessantes und cooles Teil.
coole musik aber wie man diese musik mit heavy metal verbinden kann bleibt mir ein rätsel. dann sind die foo fighters thrash metal und queens of the stone age power metal oder wie jetzt?
[minimal hervorstechendsten Phantasmen Dichotomien Zelebrieren Klatsch-und-Stampf evoziert implizit Unterschwellig subtil kontinuierlich drohender Disruption Zwischenräumen von Extremtypischem Tiefe und Weite sind die Dimensionen evoziert ausschweifend, allumfassend, bodenlos derb konventioneller Formalia]
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Da hat sich aber jemand streckenweise sehr tief in der literarischen Gestaltungsmittel-Kiste vergriffen.
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Die Teile der Review, die tatsächlich Informationsgehalt besitzen zeichnen ein ziemlich interessantes Bild, werd ich mir wohl mal geben.
Was das mit Metal zu tun haben soll, hat sich mir auch noch nicht ganz erschlossen.
Mein aktueller Dauerbrenner: http://www.youtube.com/watch?v=Js6j_89Gjqg