laut.de-Kritik
Ein Intro, acht Dampfhämmer und drei Schüsse auf die Tribüne.
Review von Kai Butterweck"Bei uns herrscht immer Chaos. So sind wir. So funktioniert Biohazard. Man weiß nie, was als nächstes passiert", so Co-Shouter Billy Graziadei während der Reunion-Tour 2008. Wie Recht er hat, der Gute. Drei Jahre später findet sich der Brooklyn-Vierer erstmals nach 16 Jahren wieder zusammen im Studio ein, stampft mal eben Album Nummer neun aus dem Boden, um sich einige Wochen später schon wieder von einem Original-Mitglied zu verabschieden.
Diesmal ist es allerdings nicht der zurückgekehrte Bobby Hambel, sondern Oberhaupt Evan Seinfeld, der die Segel streicht. Als Vermächtnis hinterlässt der grollende Bassist und Semi-Pornostar seinen nicht unerheblichen Anteil an "Reborn In Defiance", einem Album, das genau da ansetzt, wo der Vorgänger "Means To An End" aufgehört hat.
Gleich mit dem Opener "Vengeance Is Mine", stellen die breitbeinigen Krawallbrüder klar, dass ihnen auch anno 2012 keiner zu nahe kommen sollte. Kaum knarzt Seinfelds Bass um die Ecke, wird der Motor auch schon auf Hochtouren gebracht und es geht mit 200 Sachen geradeaus, ehe die Jungs auf halber Strecke Tempo drosseln und altbewährte Grooves tanzen lassen.
Die beiden Derwische an vorderster Front duellieren ihre Stimmbänder gewohnt bis aufs Blut, während Bambel zwischendurch immer wieder beweist, dass er in all den Jahren Abstinenz nichts von seinem Gespür für passende Solo-Einlagen verlernt hat. Songs wie "Skullcrusher", "Come Alive" oder auch "Waste Away" lassen den Spirit und die Energie aus "Urban Discipline"-Zeiten wieder aufleben. Zwischen Jump Around- und High Speed Prügel-Attitüde pendeln die Blöcke innerhalb der Songs hin und her, als hätte es die letzten 15 Jahr nie gegeben.
Doch das ewig protestierende Quartett kann auch anders, und greift zwischendurch immer mal wieder bis zum Ellbogen ins Klo, wenn sich die beiden Frontmänner hinter schleppendem Background auf "Killing Me" und "You Were Wrong" urplötzlich als phrasierende Barden definieren. Das ist mutig, geht aber voll nach hinten los. Schuster, bleib bei deinen Leisten, scheint zumindest Rückkerer Bobby Hambel lauthals zu entgegnen, der mit permanenten Wah Wah-Infernos tapfer gegen die aufkommende Roots-Entfernung ankämpft.
Auch das für Biohazard-Verhältnisse fast schon balladeske Instrumental "Seasons In The Sky" kämpft winselnd um Daseinsberechtigung. Es gibt Tracks auf dem Totalausfall "Kill Or Be Killed", die weitaus gehaltvoller daherkommen.
Acht ordentliche Dampfhämmer, ein überflüssiges Intro und drei klägliche Schüsse auf die Tribüne, so das Fazit. Insgesamt tasten sich Biohazard mit "Reborn In Defiance" aber ein weiteres Stück näher an ihre Glanzzeiten Mitte der Neunziger heran, ohne dass man aber von einem kompletten Befreiungsschlag reden kann; denn dafür stecken die tätowierten Arme bei den erwähnten Stücken einfach zu tief im Lokus fest.
7 Kommentare
Was labert ihr eigentlich immer von "Befreiungsschlägen", das war bei der letzten Anthrax-Rezi schon kompletter Bullshit. Was erwartet ihr eigentlich? Was soll der "Befreiungsschlag" sein? Stilbruch? Anpassung? Überraschung? Hm, ja was jetzt?
Immerhin stehen weder "Langeisen" noch "Göttergabe" im Text, sowas ist ja auch sehr beliebt bei Metalrezensionen.
N Befreiungsschlag ist einfach n richtig geiles Album und das haben weder Anthrax, noch Biohazard vorgelegt. Halbgaren Scheiß braucht eigentlich niemand, von (ehemals) etablierten Bands schon gar nicht.
Das Anthrax-Album ist besser als alles aus der Bush-Ära.
@Olsen: Kenn ich Leute, die das anders sehen
eddy, hab dir da was unter Falsschen Dampfer was reingeschrieben....