laut.de-Kritik
Kopfkino: zwischen Feenwald und Unterwelt.
Review von Alexander CordasGeir Jenssen hat sich mal wieder Zeit gelassen, um ein neues Studioalbum auf seine Anhängerschar loszulassen. "N-Plants" hat mittlerweile stattliche fünf Jahre auf dem Buckel. Aber außer Re-Releases ("Microgravity", "Patashnik") und Wiederverwurstung ("Patashnik 2") drang kaum neues Material aus den norwegischen Fjorden hinaus in die Welt.
Nun also "Departed Glories", vergangene Herrlichkeiten. Die Idee kam dem Musiker, als er sich im polnischen Krakau aufhielt und den Wolski-Wald besuchte, in dem die Nazis im Zweiten Weltkrieg reihenweise Einheimische exekutierten. Kurioserweise handelte es sich bei jenem Forst auch um den Wald, in dem sich im 13. Jahrhundert die heilige Bronislawa vor den Tataren und den marodierenden Banden zweier Herzöge flüchtete, die um Krakau kämpften. Jenssens Ansatz war, sich zu überlegen, welche Musik zu der Abgeschiedenheit im Versteck passen könnte.
Die Umsetzung mündet in ambientlastigeren Konstrukten, als es noch beim Soundtrack zu den Kraftwerken der Fall war. Gespenstisch, geheimnisvoll und wie Begrüßungsklänge beim Eintritt in eine Geisterwelt tönt es hier. Wobei die Stimmung den Hörer zwischen den Welten zurücklässt. Ob man sich jetzt gruselt oder verträumt den gefühlt hunderten Klangschichten hingibt, bleibt einem selbst überlassen.
Einmal klingt "Departed Glories" wie nach Feentanz auf einer hell durchfluteten Lichtung im Zauberwald ("With Their Paddles In A Puddle", "Sweet Dreams Form A Shade"), wo andernorts die Töne wabern wie vor einem finsteren Tor zur Unterwelt ("Than Is The Mater", "Down On Ropes"). Immer dann, wenn Jenssen mit vielfach gelayerten Stimmen arbeitet, verzieht sich sofort die düstere Stimmung und Tinkerbell kommt um die Ecke geflattert.
Um Songs im eigentlichen Sinne handelt es sichhier zu keiner Zeit. Vielmehr vertont Geir einmal mehr sein eigenes Kopfkino. Verfremdete Vocal-Sequenzen, untermalt mit zum Teil altbekannten Sounds, vermengen sich zu einem Hörerlebnis der etwas anderen Art. Weit mehr an seine Ambient-Meilensteine wie etwa "Substrata" und "Cirque" angelehnt, schwebt Jenssen in seinem ganz eigenen Orbit.
Das maschinellen Element wirft der Norweger erneut über Bord und benutzt eine eher organische Ausdrucksweise, die dem eingangs erwähnten mystischen Konzept Tribut zollt. Gut gespukt, Herr Jenssen.
1 Kommentar mit einer Antwort
Ihr habt echt ein Talent dafür, mit vielen Worten absolut nichts zu sagen.
"Weit mehr an seine Ambient-Meilensteine wie etwa "Substrata" und "Cirque" angelehnt"
Immerhin hat mir dieser Satz eine wage Idee von dem Album gegeben.
Eine vage Idee soll das natürlich sein...