laut.de-Kritik
Oh Schreck! Was ist das denn? Ein straighter Beat!
Review von Alexander CordasGeir Jenssen steht nicht unbedingt in dem Ruf, ein ausgemachter Witzbold zu sein. Das soll sich mit "N-Plants" nicht wirklich ändern. Ein Treppenwitz der Musikgeschichte ist aber der Background des hier vorliegenden Albums. Jenssen wollte ein Konzeptalbum über die Architektur, die Lage und die Risiken japanischer Kernkraftwerke machen.
Im Februar 2011 war das Vorhaben beendet und Geir legte letzte Hand an die Scheibe. Kurz darauf flog den Japanern Fukushima um die Ohren. Die Auswirkungen des Ganzen sind offenkundig. So viel zum künstlerischen Rahmen, der schon fast gruselig erscheint.
Und die Musik? Jenssen bleibt mit Biospehere nicht stehen, sondern entwickelt sich abermals weiter. Der größte Schreck könnte denjenigen langjährigen Fans in die Glieder fahren, die es sich mit Ambient-Sound des Norwegers in der audiophilen Löffelchenstellung bequem gemacht haben. Denn, oh Schreck! Was ist das denn? Ein straighter Beat! Der Rhythmus überfährt den Hörer beinahe. Ein beinahe schon verloren geglaubter Kumpel schaut wieder einmal vorbei und hinterlässt einen ergreifenden Eindruck.
Auch wenn Biosphere-Songs weit davon entfernt sind, unbeschwerte Fröhlichkeit zu verbreiten, geht den Tracks auf "N-Plants" die Schwere, Düsternis und Eiseskälte der voran gegangenen Alben weitestgehend ab. Fast ist man versucht, das böse P-Wort zu verwenden.
Wo "Dropsonde" noch mit fein ziselierten Jazz-Anleihen hausieren ging, regiert heuer eine unaufgeregte Eingängigkeit, bei der Jenssen aus seiner musikalischen Vergangenheit zitiert, ohne sich zu plagiieren.
"Genkai-I" sei hier beispielhaft erwähnt: Ein fast schon analoger Drum-Beat legt sich über einen wummernd-pumpenden Basslauf. Um dieses Gerüst mäandern wohldosierte Synthie-Klänge, die eine beschwinglich-wattierte Atmosphäre verbreiten.
Wer jetzt allerdings ein Hippie-Pippie-Album mit rosaroter Klangfärbung erwartet, wird enttäuscht sein. Nach wie vor gilt: Wo Biosphere draufsteht, ist immer noch Geir Jenssen drin. Filter-Sounds und psychedelisch angehauchte Klangcollagen inklusive. Nur eben diesmal - wieder einmal - ein wenig anders.
10 Kommentare
hatte so einen sound nicht erwartet, ist aber ein verdammt gutes album.
viele echauffieren sich ja auch immer, das die laut rezensenten zuviele hintergrundinformationen in die rezensionen packen, aber in diesem fall finde ich das vorgehen mehr als passend.
ich stimme dir da natürlich voll und ganz zu. sowohl als auch!
@dein_boeser_Anwalt (« bis auf genkai kommt es diesmal nichtso bei mir an. sehr statisch und ideenlos »):
ich persönlich bevorzuge auch seine früheren werke oder auch dropsonde, aber der vergleich ist recht schwer:
n-plants hat einen viel stärkeren minimal techno charakter. die beats klingen auch eher künstlich als organisch. nach mehrmaligem hören empfinde ich es als ziemlich angenehm und für den hintergrund gedanken, bzw. das konzept hinter dem album, sehr passend.
es scheint sich auch ein schlimmer fehler in der foren software eingeschlichen zu haben, der die ganzen doppelposts in letzter zeit erklären düfte:
wenn man alles fein getippt hat und auf "kommentar abschicken" klingt, lädt kurz das "rädchen", aktualisiert wird die seite aber nicht und man denkt, es wäre nichts gepostet wurden, da der beitrag noch in der kommentarbox steht.
nach dem aktualisieren der seite sieht man jedoch, dass gepostet wurde.
schließe mich dem anwalt an, hier passiert wirklich kaum etwas... schön für den fahrstuhl oder für psychedelische drogen, mehr leider nicht.