laut.de-Kritik
Das Leben ist eines von den Härtesten.
Review von Max Brandl"Melancholie, Tristesse, vertonte graue Tage prägen den musikalischen Grundtenor, und der wird gnadenlos durchgezogen." lautete das Urteil über "Mukke Aus Der Unterschicht" Nummer Zwei. Daran hat sich nichts geändert.
Auch Montanas Drittling operiert nicht an der Oberfläche von Edelmetall, Luxuskarosse und nackter Haut, sondern ist ein Abgesang auf die gesellschaftliche Froschperspektive mit dem Partykoeffizienten Null. Das Album reiht sich damit nicht nur nahtlos in die eigene, nun abgeschlossene Trilogie ein, sondern ist ein weiterer Beleg für die Stilrichtung, die man sich bei Ersguterjunge auf die Fahnen geschrieben hat: Das Leben ist eines von den Härtesten.
Grundsätzlich gibt es daran nichts auszusetzen. Traurigkeit und Verzweiflung haben als Antriebsmoment in der Musikgeschichte schon die ergreifendsten Stücke hervorgebracht. Auch wenn Hip Hop ursprünglich eher bunt, funky und fresh war und von vielen als ein Ausweg aus der Perspektivlosigkeit wahrgenommen wurde, haben sich im Rap neben Ballereien und Glorifizierungen des Selbst vereinzelt immer wieder Balladen und Gefühle für Andere eingefunden - von den Hardlinern mit dem Schwulness-Totschläger argwöhnisch beäugt.
Bizzy Montana macht derlei Ausreißer zum Programm und präsentiert beinahe auf Albumlänge post-aggressiven Befindlichkeitsrap, fernab von KAAS'schen Optimismus-Spaßetten. Das ist insofern problematisch, als dass ich von Rap immer schon einen gewissen Unterhaltungswert verlange, eine Depression aber per se wenig Kurzweil besitzt. Wenn mich wirklich das Herz drückt, lasse ich die Badewanne, die da Selbstmitleid heißt, eher ungern mit allzu eindimensionaler Lederjackenpoesie badischen Ursprungs volllaufen. Der radikal durchexerzierte Schwermut dieser Platte schrammt mehr als einmal schmerzhaft nah an der Banalität entlang.
Zu harsch darf die Kritik wiederum auch nicht ausfallen, denn anders als ein Großteil der umtriebigen Rapszene, macht der Mann zumindest den Eindruck, als würde er sich wirklich dafür verantwortlich fühlen, was er von sich gibt. So kann der Name Bizzy Montana als Gegenargument ins Feld geführt werden, wenn von Genre-Fremden mal wieder der "Rap bedeutet Nutten, Drogen, Schlagring"-Allgemeinplatz kommt. Das funktioniert aber nur mit halbgutem Gewissen, denn auch wenn Bizzy inhaltlich punktet, spielt er formell eher auf Kreisliga-Niveau: Die Stimme austauschbar, der Flow sauber aber wenig prägnant und auch Technik und Versvermögen dürften nach vier Veröffentlichungen ausgefeilter daherkommen.
Fast alle Beats der Scheibe hat Herr Montana selbst gezimmert - aber auch hier lässt sich die Zusammenfassung 'langweilig' nur schwer umschiffen. Am ehesten noch sticht die Neunziger-Anleihe für "Ich Kann Nicht Schlafen" aus einer ansonsten souverän unspektakulären Produktion heraus. Bald klimpert ein Piano, bald schnurrt ein Synthie und ewig clappt die Clap, frei nach dem Motto: Punkt, Punkt, Komma, Strich - Mukke für die Unterschicht.
Was die Features angeht, bleibt man der Serie treu: Bis auf Cashmo in "Alle Guten Dinge Sind 3" macht keiner der Gäste dem Gastgeber etwas vor - und das will was heißen. Die negativen Höhepunkte in dieser Hinsicht bilden "Allein Gegen Die Welt" mit einer dieser Gehörgangtripper verursachenden Schmalzdohlen-Hooks und "Der Tag, An Dem Die Erde Stillsteht". Sollte Sonnik Boom jemals eine weitere Nummer aufnehmen, halte ich diesen Songnamen durchaus für eine Prophezeiung.
Wer aktuell auf der Suche nach schmerzgeplagten bzw. nachdenklichen Zeilen im Rapformat ist, dem seien wahlweise die aktuellen Platten von Azad oder Shiml ans Herz gelegt, die auf ihre Art aus dieser Not eine Tugend machen. Bizzy Montana sollte dagegen dringend aus dem Quark kommen und das vorhandene Potential auf ein vergleichbares Niveau schrauben. Das Ende einer vor Pathos triefenden, aber ohne Nachdruck präsentierten Trilogie erscheint mir da als ein geeigneter Zeitpunkt.
46 Kommentare
stimme der review des herrn brandl inhaltlich absolut zu, allerdings kann ich durch einzelne, selten dämliche ausfälle des reviewers diesen wieder nicht loben:
"Was die Features angeht, bleibt man der Serie treu: Bis auf Cashmo in "Alle Guten Dinge Sind 3" macht keiner der Gäste dem Gastgeber etwas vor"
bitte?!
wenn bizzy austauschbar (was man ihm durchaus unterstellen darf) ist, wird cashmo in der 89. min. für ihn eingewechselt.
"Wer aktuell auf der Suche nach nachdenklichen Zeilen im Rapformat ist, dem seien dringend die aktuellen Platten von Azad [...] ans Herz gelegt."
bitte?! azad und nachdenklich? den würde ich eher migranten für das erste semester im aufbaukurs deutsch empfehlen, weil der soviele zusammenhangslose wortfetzen lustlos in ne zeile presst.
oh alter, bitte schreib backpack-reviews...
Oh man, was is an der Review bitte toll?
Er geht auf keine Songs spezifisch ein, stattdessen verwendet er ein paar Wörter die alle dasselbe aussagen: "Langweilig"
Anscheinend hat er nicht verstanden worums bei Bizzy geht. Zustimmen kann ich ihm aber bei den Beats, die gehen eigentlich alle in dieselbe Richtung, schlecht sind sie aber nicht.
"...frei nach dem Motto: Punkt, Punkt, Komma, Strich - Mukke für die Unterschicht."
Die Aussage zu Azads neustem Album is ja mal n derber Witz. Ich finde Assassin richt stark, aber mit Deepness hat das nichts zu tun!
Ich bin raus...
@Hulkmensch (« Generell hab ich langsam das gefühl das hier egj-alben einfach aus prinzip schlecht von ihm bewertet werden. »):
@keny NTM! («
die madu-trilogie zeichnet sich vorallem durch große einfallslosigkeit aus, die von den fanboys dann als style angenommen wird. »):
deine meinung ändert sich ja schneller als das wetter.
Allerdings. Konsequent wie eh und je