laut.de-Kritik
Drückende Gitarrenwände und kristallklarer Pop.
Review von Michael SchuhEs gibt ja diese Konstellationen, bei denen man schon im Vorfeld spontan ein gutes Gefühl hat, bei denen ein Scheitern von vornherein einfach ausgeschlossen ist. QOTSA und Dave Grohl, Uma Thurman und Tarantino, der KSC und Icke Häßler, die Liste ist lang. Auch Blackmail aus Koblenz präsentieren zu Jahresbeginn eine neue Liaison, die der Vorfreude keineswegs abträglich ist: sie sind von nun an bei City Slang unter Vertrag.
Zwar lieferte das Quartett zuletzt beim Majorlabel Warner alles andere als schlechte Platten ab, doch der als Rückkehr zu ihren Indie-Wurzeln auszulegende Tatbestand des City Slang-Wechsels, wo man nun Seit an Seit mit The Notwist, Calexico und (hoffentlich noch) Lee Hazlewood veröffentlicht, erscheint schlüssig. Zumal das letzte Werk "Friend Or Foe?" trotz einiger gelungener Experimente (etwa das psychedelische "Fast Summer") insgesamt doch einen etwas altersweisen Eindruck hinterließ.
Auf "Aerial View" ist nun wieder alles am rechten Platz. Die Melodien perlen frisch und mitreißend, schälen sich aus nicht immer auf Anhieb nachvollziehbaren Songkonstruktionen, bereiten den Boden für hymnische Background-Chöre und glänzen in einer gut austarierten Produktion, die den Songs nie mehr abverlangt als nötig ist. Weiter fällt auf, dass aus "Aerial View" ein gesundes Selbstbewusstsein der Koblenzer gegenüber den eigenen Fähigkeiten spricht, was gleich nach dem sperrigen, gesangsverzerrten Intro im schweren "Moonpigs" zu Tage tritt.
Kurt Ebelhäusers drückende Gitarrenwände und Aydo Abays gepresster Gesang sind - ebenso wie überraschende Songwendungen - nach wie vor die Trademarks, die diese Band auszeichnen. Erstmals ließen Blackmail mit Andi Jung einen Produzenten von außen an ihre Songs heran, der das Ergebnis zu einer kompakten Sache formte. Vom erwähnten "Moonpigs" über den Hit der Platte, das knackige "Everyone Safe", bis zum schlammschweren Bluesrock-Groove im abschließenden "Soulblind" zieht das Quartett sämtliche Register.
Verglich man sie ob Abays Intonation in der Vergangenheit gerne mit Placebo, sind Blackmail mittlerweile bei der schnörkellosen wie pathosfreien Rock-Attitüde angelangt, für die man die Foo Fighters verehrt (wobei die Pfälzer schon wissen, dass es nicht immer notwendig ist, ein Studioalbum im Doppelformat zu veröffentlichen). Höchstens dem vertraut klingenden "Me & My Shadow" mag man vorhalten, sich "nur" auf solidem Blackmail-Niveau zu bewegen, auf einem Level allerdings, das zahlreiche Alternative Rock-Konkurrenten noch viel zu selten erreichen.
Zu den Album-Highlights ist der zähe Desert-Brocken "Couldn't Care Less" zu zählen, dessen ausufernde Riff-Opulenz ausgerechnet ein Posaunenpart lässig zum Stillstand bringt. Der kristallklaren Pop-Melodie dagegen haben sich Blackmail wohl nie so affirmativ zugewendet wie in "Splinter", mit dem die Band ein neues Songwriting-Terrain erklimmt. Zu entdecken gibt es auf "Aerial View" also wieder einiges, und vielleicht ist es auch genau dieses einem Neuanfang ähnliche Gefühl, das man bei Blackmail zuletzt etwas vermissen durfte.
18 Kommentare
So, endlich mal was neues von den Herren und dann auch gleich noch sowas schönes, melodiöses und bezauberndes. Das Jahr fängt gut an.
Ausführlicher Bericht folgt...
Moonpigs ist ja wohl der Hammer.
Ja, Moonpigs mit dem "Chor-Gesang" ist schon ganz gross, aber auch Splinter! Vorallem nach mehrmaligen Hören, wächst mit jedem hören!
Erstaunlich ist aber der einsatz von Elektronik in einzelnen Songs. Klingt klasse.
Hmm, ich finds ganz nett, sind zwei drei Knüller dabei.
Aber immer noch bleibt meine Lieblingsplatte von denen die Science Fiction.
Auch so ne Band, die mit dem Erfolg einfach zu glatt und zu unroh wurde.
Also ich finde die Demos vom selbstbetitelten Debüt immer noch am geilsten! So rau, laut, roh und beherzt lärmend! Jajaja!
Also ehrlich: Zu glatt und unroh finde ich das nicht: In welche Richtung hätten sich die Burschen denn entwickeln sollen? Noch mehr in die Kyuss-Richtung? Gar nicht? Ich denke, da waren einfach schon zu viele Pfade zu ausgetreten.
Naja, mir gefällt diese Poppigkeit auf jeden Fall (genauso, wie mir die 'Science Fiction' gefällt). Die Songs bleiben ja klasse.
Platz 1 Soulblind
Platz 2 Moonpigs
Platz 3 Splinter