laut.de-Kritik

Captain Poons Spaßmobil hat schon lauter geröhrt.

Review von

Der Titel ist etwas irreführend: "Pulling No Punches" meint ja eigentlich, mit harten Bandagen zu kämpfen, sich nicht zurückzuhalten – dabei lassen es die Bloodlights auf ihrem vierten Album eher ruhig angehen. Die Norweger betanken den Bandmotor für die neuste Spritzfahrt mit ein paar Extralitern Melodie und Pop-Appeal. Ein heikles Unterfangen für eine Combo, die im typisch skandinavischen Grenzgebiet zwischen Rock'n'Roll und Punk herumkurvt. An so mancher Stelle kommt ihr mit dieser Mixtur auch prompt der gewohnte Drive abhanden.

Die Eckpfeiler des Albums sitzen aber: In "Lights Out" und "The Only Way Is Down" geben Frontmann Captain Poon und seine Mannen ordentlich Gas. Der Opener glänzt mit schicker Gniedelarbeit der Gitarristen Poon und Howie B. und mit dem ersten Refrain, der das Prädikat 'besonders eingängig' verdient. Es soll bis zum ebenso zackigen Abschlusstrack nicht der letzte bleiben.

Auf "Static Pulse" macht ein 'Wu-uh-uh'-Chor deutlich, dass das melodiöse Element auf dieser Platte einen prominenteren Platz einnimmt. Die Nummer hat aber genügend Schmiss, damit man über dieses abgeschmackte Stilmittel hinwegsehen kann.

Ironischerweise fehlt dann genau "Kick It Up" eben jener Kick, den Captain Poon besingt: "We need a little spark, we need a little push tonight." Irgendwie zu glatt poliert, zu zahm kommt der Track daher. Kaum verschwinden die Powerchords mal, offenbaren sich Lücken, durch die der Wind pfeift. Das ist wohl damit gemeint, wenn der Captain von "Power-Pop"-Einflüssen spricht.

Ähnliche sieht es bei "Suicide Letter" aus, in dem eine bittersüße Note mitschwingt. Nichts gegen eine reduziertere Herangehensweise, doch wartet man in beiden Fällen vergeblich auf einen spannenden Einfall. Bis auf die obligatorischen Gitarrensoli kommt da aber nix. Dass beide Songs mit mehr als vier Minuten Laufzeit an leichter Überlänge kranken, hilft auch nicht. Kompaktheit steht den Norwegern einfach besser.

Dazwischen stellt sich "Wrong To Make It Right" merklich breitbeiniger auf. Auch schleicht sich hier wieder etwas Dreck in Poons Gesang, was angesichts des hohen ROtzigkeitslevels nur folgerichtig erscheint.

In "When You’re Not Here" schalten die Bloodlights dann tatsächlich in den Balladengang. Das klingt nicht unbedingt schrecklich, hätte ich persönlich aber auch nicht vermisst, wäre es nie dazu gekommen. Am Ende dürfte der Song künftig wohl primär Abwechslung ins Liveset bringen. Klingt nach einem sicheren Pinkelpausen-Moment.

Ab hier findet die Band immerhin endgültig in die Spur zurück: Der Nach-vorne-Faktor stimmt und das Verlangen, die Lautstärke aufzudrehen, steigt. Von "Ass In A Coma", einem so simplen wie arschcoolen Zwei-Minuten-Rocker, bis zum starken Rausschmeißer zeigt die Band, wie die Kombination aus Wohlklang und Rauflust zu klingen hat. Auch an die kleinen kompositorischen Kniffe wurde gedacht: "No Sound Loud Enough" spart sich den Refrain ungewohnt lange auf, nur um dann ein besonders prächtiges Exemplar abzuliefern. Womit nicht gesagt sein soll, dass die Strophen verkehrt wären.

Der gelungene Schlussteil stellt sicher, dass sich "Pulling No Punches" mit Schub und quietschenden Reifen Richtung Sonnenuntergang verabschiedet. Trotzdem bleibt der Gesamteindruck, den die neue Bloodlights-Scheibe hinterlässt, eher zwiespältig. Es lief auch schon runder, was in diesem Fall bedeutet: Die Karre hat schon mal mehr gescheppert.

Trackliste

  1. 1. Lights Out
  2. 2. Static Pulse
  3. 3. Kick It Up
  4. 4. Wrong To Make It Right
  5. 5. Suicide Letter
  6. 6. When You're Not Here
  7. 7. Ass In A Coma
  8. 8. No Sound Loud Enough
  9. 9. Bury My Head
  10. 10. The Only Way is Down

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