laut.de-Kritik
Kein Boygroup Schund wie B3 und Konsorten.
Review von Stefan JohannesbergDer britischen Boyband Blue hing nie der Mief der seelenlosen Plastik-Musik an. Hits wie "All Rise" oder "Sorry Seems To Be The Hardest Word" mit Elton John standen eher im locker-flockigen Pop-Kontext als auf der Müllhalde neben Bro'sis. Auch ihr drittes Album "Guilty" kann wieder Pluspunkte gegenüber der Konkurrenz um Natural, B3, Westlife und Konsorten sammeln.
Bereits der Opener "Stand Up" fasst die Vorzüge der blauen Jungs hör- und tanzbar zusammen: groovender R'n'B-Sound und schön soulige Stimmen. Für die reiche, weiße Vorstadtjugend nicht zu anrüchig und heiß verpackt, lässt "Stand Up" den Körper ordentlich zucken. Da steht man gerne auf, um sich bei "No Goodbyes" jedoch wieder entsetzt hinzusetzen. Balladeske Schlager-Anbiederung der übelsten Sorte!
Zum Glück schwingt sich das Quartett selbst aus den Kitsch-Tiefen. "Bubblin'" bietet poppigen R'n'B mit modernem Synthie-Teppich, während "Rock The Night" funky und straight in die Hüften fährt. Über den Text decken Metaller und Musik-Fans lieber den Mantel des Schweigens. Dafür stechen aber die warmen Gesangsharmonien aus dem Einheitsbrei der handelsüblichen Jungengruppen heraus.
Nochmal: Duncan James, Antony Costa, Lee Ryan und Simon Webbe können singen! Da klingt nichts gezwungen oder gequält clubtauglich. Auch richtige Schmalzberge wie das rührende Klavierstück "Breathe Easy" oder die akkustische Midtempo-Nummer "When Summer's Gone" erklimmen sie in professioneller Zusammenarbeit leicht und locker. Der Marsch über Albumlänge wird nicht zur Qual. Wer hätte das gedacht?
Das angesprochene "No Goodbyes" bleibt so der einzige, echte Schnitzer auf einer überraschend angenehmen Scheibe. Für würdige Take That-Erben fehlt den Jungs zwar das Charisma, die Musik hat aber bereits die natürliche Klasse, die B3, Before Four und dem ganzen Schund völlig abgeht. Blue bräuchten nur noch die gewissen Ecken und Kanten, um auch für reifere Semester auf Dauer interessant zu sein.
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