laut.de-Kritik
Stimmungsvolles Comeback des kultig verehrten Beach Boys-Meisters.
Review von Giuliano BenassiAls Brian Wilson mit Band im Juli 2000 zwei Gigs in einem kleinen Club in LA spielte, war die Sensation perfekt: Nicht nur trat einer der meist verehrten noch lebenden Musiker auf, sondern es handelte sich - mit der Ausnahme weniger vertraglicher Kurzauftritte - um seine ersten Konzerte seit 1964. Einige große Namen gesellten sich zu 500 alteingesessenen Fans, um einer Ikone der Popmusik zu huldigen. "Es war wie ein Star-Trek-Kongress, nur mit Hawaii-Hemden anstelle von Spock-Ohren. Geil!" lautete das Urteil eines Zuschauers.
Der Livemitschnitt zeugt von der guten Laune aller Beteiligten und liefert eine gute Übersicht auf Wilsons Werk, von den Anfängen der Beach Boys bis hin zur Soloproduktion der 80er und 90er Jahre. Als Bonbon gibt es mit "The First Time" auch ein bisher unveröffentlichtes Lied.
Das Erstaunlichste an dem Album ist: es ist tatsächlich gut. Klar, Wilson ist nicht mehr 20 und seine Stimme ist dünn und wackelig geworden. Ein Mangel, den er jedoch mit Charisma wettmacht. Am Anfang des Konzerts noch ziemlich nervös und unsicher - bei "Don't Worry Baby" trifft er kaum eine Note, - wird er immer besser und erlaubt sich zunehmend Scherzchen, darunter eine Coverversion vom Barenaked Ladies-Song "Brian Wilson". Seine zehnköpfige Band spielt bis auf wenige Stellen kompakt und besticht durch Harmonien, die fast an die der Beach Boys heran reichen. Unverständlich ist nur, dass Wilson an einem Synthie hockt und nicht Klavier oder Flügel spielt. Das Introgeklimper einiger Lieder klingt viel zu sehr nach Plastik.
Angesichts seiner durchwachsenen Biographie ist es schön, fest zu stellen, dass er wieder Freude am Leben hat. Der Griff in die Liederkiste hört sich auch nicht wie eine Best-Of an - davon gibt es schon viel zu viele, - sondern ist eine Hommage an die eigene Kunst des Liederschreibens. Klar, "California Girls," "I Get Around," "Barbara Ann" oder "Good Vibrations" haben schon zig millionen Mal den Weg in den Gehörgang gefunden, das Mitschunkeln ist dennoch schwer abzustellen. Die Harmonien von "In My Room" und "Surfer Girl" erzeugen nach wie vor Gänsehaut, mit sechs Auszügen, darunter zwei Instrumentals, ist auch Wilsons musikalische Sternstunde "Pet Sounds" gebührend vertreten. Die Soloprodukte wie "This Isn't Love" oder "Love & Mercy" sind weniger griffig, dafür persönlicher und melancholischer als der Surf-Stoff.
Wie die meisten Musiker in seinem Alter hat Wilson seinen Zenit überschritten und seinen geschichtlichen Beitrag längst geleistet. "Live At The Roxy Theatre" ist sicherlich keine Platte, die sich als Dauerläufer im CD-Player eignet. Für alte Beach Boys-Fans dürfte es dennoch schön sein, sie neben "Pet Sounds" und den üblichen Sammlungen im Regal stehen zu haben.
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