laut.de-Kritik
Josh Hommes Gemahlin lässt Stiernacken zusammenzucken.
Review von Kai ButterweckWenn sich eine Grande Dame des Alternative-Rock wie Brody Dalle dazu entschließt, ein Soloalbum aus dem Boden zu stampfen, dann steht die Creme de La Creme der Branche natürlich Schlange: "Ich hatte viele Feature-Anfragen. Mir ging es aber, wie so oft in meinem Leben, primär um meinen eigenen Kopf. Daher musste ich eine Auswahl treffen", sagt die ehemalige Distillers-Frontfrau und Gemahlin von QOTSA-Mastermind Josh Homme.
Letztlich dürfen sich Kollegen und Kolleginnen wie Shirley Manson (Garbage), Nick Valesi (The Strokes) und Emily Kokal (Warpaint) gegenseitig auf die Schultern klopfen und damit prahlen, an der Produktion eines der wohl heißersehntesten Alternative-Alben des Jahres 2014 beteiligt gewesen zu sein.
Der Anteil an Unerwartetem aus der Fremde hält sich zunächst jedoch in Grenzen. Mit verzerrten 80s-Punk-Vibes geht es erst einmal auf dreckige Rattenjagd ("Rat Race"). Schön, dass dieses unverwechselbar kratzige Courtney Love-meets-Juliette Lewis-Organ endlich wieder am Start ist.
Für das anschließende "Underworld" wechselt Brody Dalle in den Ramones-Modus. Mit psychedelischen Einschüben, die sich wie bewusstseinserweiternde Schleier über scheppernde Becken und knarzige Garage-Gitarren legen, lässt die zweifache Mutter so richtig die Sau raus. Punkrock pur.
Spätestens nach dem folgenden "Don't Mess With Me" zucken auch die durchtrainiertesten Stiernacken eingeschüchtert zusammen. Mit Dalle ist anno 2014 scheinbar nicht zu spaßen. Doch als würde sich die Sängerin über all die eingeschüchterten Blicke wundern, packt sie drei Minuten später die Keule wieder ein. Brody Dalle kann auch anders. Umgeben von flächendeckendem Hall und schroffen Powerchords klammert sich die Sängerin ans Mikrofon und lässt ihren Gefühlen freien Lauf. Dabei entsteht Großes, fast schon Mächtiges ("Dressed In Dreams"). Wow!
Einmal im Melodierausch, setzt die gebürtige Australierin mit dem Wave-lastigen "Carry On" noch einen drauf. Zeit, die Gäste reinzulassen. Für die erste Single "Meet The Foetus/Oh The Joy" dürfen sich Shirley Manson und Emily Kokal warmmachen. Die Rollen sind klar verteilt. Während die Warpaint-Sängerin im Refrain für Fülle sorgt, duellieren sich Manson und Dalle in den Strophen. Und was macht der Background? Der füttert die Damen mit "I Was Made For Loving You"-Erinnerungen, trippelnden Blechtrommel-Sounds und sphärischen Casio-Einwürfen. Nach drei Minuten haben die Verantwortlichen allerdings die Nase voll und drücken gemeinsam auf den Fast Forward-Button. Punkrock is back.
Die Rückkehr zum krachenden Auftakt des Albums ist jedoch nur eine Momentaufnahme. Statt weiterer Hau-drauf-Attacken serviert Brody Dalle zum Abschluss eher experimentelle Kost. Mit verdrogten Piano-Spielereien ("I Don't Need Your Love"), knarzigen Grunge-Anleihen ("Blood In Gutters") und martialischen Noise-Ekstasen ("Parties For Prostitutes") wird das Gesamtbild des Albums noch einmal ordentlich auf den Kopf gestellt. Der Rahmen bleibt aber unbeschädigt.
4 Kommentare mit 3 Antworten
sehr geiles teil geworden,insbesondere das finale von "i don't need your love" bekomm ich nimmer ausm kopf.völlig verdiente 4 zähler.
Coral Fang von den Distillers fand ich ja ziemlich klasse, lässt sich das Soloding damit denn vergleichen?
ne, nicht wirklich aber coral fang war auch ne klasse für sich
Coral Fang war episch, aber dieses Album scheint mir bisher auch recht geil zu sein. Nur eins ist ärgerlich: sie schreit leider nicht mehr. Und das konnte sie fantastisch.
Ein bisschen schreit sie zum Glück in Blood in Gutters. Nur ein bisschen. Nicht viel. Aber immerhin. ❤
Die Distillers waren echt geil und Brody hat 'ne tolle Rock Stimme. Ich freu mich!
*ValeNsi