laut.de-Kritik
Sing, alter Beau, sing!
Review von Sven KabelitzWillkommen im Zeitalter der alten Herren. Als wollten sie es ihren Nachfolgern noch einmal zeigen, gehen Pink Floyd, David Bowie, Leonard Cohen und Scott Walker noch einmal auf die Barrikaden. Nun findet die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen mit Bryan Ferry weitere Unterstützung. Sing, alter Beau, sing!
Da haben wir das Problem identifiziert. Er kann es nicht mehr. Die Zeit hat sich tief in die Stimmbänder des Dandys gefressen. Im Herbst seiner Karriere angekommen, bleibt Bryan Ferry nur noch ein heißeres Lüftchen, das durch die Laubwiesen weht. Obwohl sich die Produzenten, allen voran der alte Wegbegleiter Rhett Davies, wirklich Mühe geben, das Dilemma hinter allen ihnen möglichen Tricks zu verstecken, hören wir nur die verschorfte Erinnerung an vergangene Zeiten.
Ansonsten bleibt alles beim Alten. Traute sich Ferry mit "The Jazz Age" kurzfristig auf für ihn unbekanntes Terrain, bekommen wir es auf "Avonmore" mit dem zigsten "Boys And Girls"-Aufguss zu tun. Selbst die für das Cover gewählte Schriftart zitiert das Roxy Music-Album "Avalon". Das mit Todd Terje aufgenommene Robert Palmer-Cover "Johnny And Mary" sticht mit seiner melancholische Elektrik heraus, war in dieser Form aber bereits auf "It's Album Time" zu finden und wirkt hier wie ein Fremdkörper.
Dem Gegenüber stehen "Loop De Li" und "Midnight Train", die mit geschmeidige Synthesizern, funkenden Gitarrenriffs, entrücktem Saxofon und samtweichen und schwülen Flair direkt in die erfolgreichste Zeit des Sängers verlinken. Warum man hierfür jedoch mit Johnny Marr, Nile Rodgers, Steve Jones, Neil Hubbard, Oliver Thompson, Jeff Thall, Chris Spedding, Jacob Quistgaard und dem verstorbenen David Williams zeitweise bis zu neun Gitarristen benötigt, bleibt ein Rätsel.
In "One Night Stand", von Maceo Parkers Altsaxofon verziert, klingt Ferry endgültig wie eine Parodie seiner selbst, die sich an einem weiteren Nachfolger zu "Love Is The Drug" versucht. Im hoffnungslos überfrachteten Titeltrack, in dem Flea Bass spielt, geht der Sänger vollkommen verloren. Stephen Sondheims an sich schon kitschiges "Send In The Clowns" verpasst der Grandseigneur mit einem weiteren Zuckerguss aus Harfen, Streichern und Pauken den Todesstoß.
Einzig das mit Marr geschriebene "Soldier Of Fortune", das das Arrangement zurückfährt und einen deutlichen Blick auf Ferrys Verletzlichkeit gewährt, funktioniert nachhaltig. In diesem einen Moment stellt sich der Sänger der trockenen Realität und weiß diese geschickt einzusetzen. Kein Versteckspiel mehr. Die Karten liegen nun offen auf dem Tisch.
Während Bryan Ferry mit seinem aufgewärmten Mittagessen am Essenstisch sitzt, geben seine alten Kollegen im Kampf gegen die Stagnation ihr Bestes. Ihn brauchen sie in ihrem Helden-Team nicht. Mit "Avonmore" hängt er in einer sich ständig wiederholenden Dauerschleife fest.
10 Kommentare
Puhh also das sehe ich ganz anders,Ferry findet auf dem Album eine tolle Mischung zwischen 80. Roxy Music Sound und der Moderne.Ich kann hier nur jedem raten sich das Album anzuhören und sich selbst ein Urteil zu bilden.
Vom Sound aber eher in Richtung Bete Noir, anstatt zur von mir sehr geschätzten Boys and Girls. Ich gebe dem Album etwas Zeit.
war ja klar wenn es bei Plattentest.de Album der Woche ist(8/10) muss es hier verrissen werden. Aber der Punkt bezüglich der Review von Sonic Highways geht eindeutig an Plattentest.de!!!
Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.
man man was der für ein mist schreibt, vielleicht hätte der herr kritiker sich vorher seine ohrenstöpseln rausnehmen sollen... warum wird die anzahl der gitarren kritisiert ? und die stimme, schon mal was von alterungsprozessen gehört. lieber selbst anhören und dann urteilen.
Klar wird Ferry's Stimme von Album zu Album dünner, dennoch ist "Avonmore" sehr schön geworden !