laut.de-Kritik
Viel mehr als nur Sleaze-Rock.
Review von Michael EdeleOkay, Cheap Trick waren mal ein Begriff, aber mehr als Running Gag aus der Serie "How I Met Your Mother". Von daher war mir gar nicht so klar, was da auf mich zukommt - und auch nach dem ungefähr 50. Durchlauf weiß ich es eigentlich immer noch nicht.
Cheap Trick auf einen Stil festnageln zu wollen, ist nicht ganz so einfach. Gut, ein Großteil findet irgendwo im Sleaze-Rock statt, aber es gibt doch deutliche Ausschläge in andere Gefilde. Der Opener "Here Comes The Summer" könnte auch von The Darkness stammen, ohne den Eierkneifgesang natürlich. Großes Kino, bei dem besonders die Streicher effektiv eingesetzt sind. Eigentlich muss man dazu im Sonnenstuhl einen Kübel Eiscreme verschlingen.
Von ihrer Sleaze-Seite zeigt sich die Band auch in "Boys_Girls_Rock N Roll" (damit ist eigentlich alles gesagt, oder?) und dem großartigen "Here’s Looking At You", bei dem man Basser Tom Petersson mal ordentlich von der Kette lässt. "Quit Waking Me Up" kommt dann deutlich plüschiger und mit zuckersüß daher – und ist genau deswegen irgendwie gut. Was nicht zuletzt an den Bläsern liegt, die durch den Refrain tröten: Gute-Laune-Musik par excellence.
Der Titeltrack wiederum könnte direkt aus der Feder von Tom Petty stammen. Tempo, Melodieführung, Storytelling – hier passt (vom dürftigen Solo abgesehen) wirklich alles. Eine wirklich fantastische Hommage an den kleinen, großen Mann. Umso interessanter, da der Song als Rockversion mit ordentlich Drive auf dem Album gleich nochmal vorkommt.
Wer es bluesiger mag hat, ist bei "Final Days" gut aufgehoben, bei dem vor allem Drummer Daxx Nielsen coole Akzente setzt. Wet Willie-Frontmann Jimmy Hall ist dazu an der Mundharmonika zu hören. Und warum "Light Up The Fire" nicht von AC/DC geschrieben wurde, entzieht sich meiner Kenntnis: Selbst Airbourne hätten das nicht besser hinbekommen.
Das hohe Maß an Begeisterungsfähigkeit halten sie allerdings nicht ganz durch. "The Party" rauscht mit blutleerer Strophe vorbei, auch der Hippie-Abstecher "Passing Through" bleibt verzichtbar. Balladesk wird es mit der Beatles-Hommage "So It Goes", die etwas zu schmalzig daherkommt. Auch "I'll See You Again" schrammt hart an der Schmerzgrenze entlang.
Den letzten Platz nimmt gleichwohl die Neuinterpretation des John Lennon-Klassikers "Gimme Some Truth" ein, bei der Steve Jones von den Sex Pistols die Klampfe schwingt. An Abwechslung mangelt es der Scheibe jedenfalls bestimmt nicht. Wer auf Rock steht, macht mit "In Another World" nichts falsch.
Noch keine Kommentare