laut.de-Kritik
Keine Zerfallserscheinungen vor dem Zerfall.
Review von Franz MauererChildren Of Bodom sind seit dem Tod von Alexi Laiho und dem Ende von Bodom After Midnight auch als Band so richtig tot, deshalb kommt "A Chapter Called Children Of Bodom - The Final Show In Helsinki Ice Hall 2019" als glaubwürdig finaler Schlusspunkt nicht ungelegen, um das Wirken der Finnen Revue passieren zu lassen. Raatikainen, Warman und Blacksmith machen bislang keine Anstalten, ihre Namensrechte zu nutzen, deshalb wurden die Urväter des finnischen Melodic Death Metal 2019 in der finnischen Hauptstadt zu Grabe getragen. Dabei hilft die ausgefeilte Produktion des, der Titel verrät es schon, letzten Liveauftritts der Band, denn über weite Stellen wähnt man sich in einer Studioaufnahme, was auch am nur zwischen den Songs zu vernehmendem Publikum liegt.
Mitschreiben ist bei Laiho trotzdem schwierig, aber man verstand ihn schon mal schlechter, auch wenn sein Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Aufnahme wohl schon nicht mehr ideal war; Druck im Gesang ist aber in Hülle und Fülle vorhanden. Dafür ist nicht ausschließlich dem Sänger zu danken, denn die Aufnahme ist nicht nur klar, sondern auch druckvoll, weshalb Stampfer wie "Bodom Beach Terror", "In Your Face" und "Shovel Knockout" tief in der Magengrube landen. 77 Minuten Spielzeit sind einerseits viel, andererseits für ein Abschiedskonzert auch nicht besonders epochal.
Trotzdem gelingt ein Husarenritt durch die Bandgeschichte, der auch melodischere Songs wie "Halo Of Blood" nicht zu kurz kommen lässt und nicht nur auf Bretter setzt. Man muss überhaupt eingestehen, dass die Mischung aus Härte und Melodie genregerecht gelingt – und das albumübergreifend. Aufgrund der wenigen Interaktionen mit dem kaum vernehmbaren Publikum liegt der Reiz von "A Chapter Called Children Of Bodom - The Final Show In Helsinki Ice Hall 2019" also eher in seiner qualitativ ordentlichen Heterogenität als karriereübergreifender Sampler mit Alexi im Mittelpunkt, der nicht nur als Sänger, sondern unter anderem auf "Blooddrunk" und "Deadnight Warrior" in seiner Paraderolle als Gitarrist besticht.
Die Songauswahl umfasst die wesentlichen Crowdpleaser wie "Are You Dead Yet?" in einer sehr lebendigen Version und mindestens einen Song aus jedem Album. Über die Songwriting-Qualität von "Angels Don't Kill" kann man trefflich streiten, gleichwohl dominieren "Hate Crew Deathroll" und "Follow The Reaper" das Geschehen, wenngleich sich auf manch anderem Release vielleicht ein interessanterer (wie "If You Want Peace...Prepare For War"), aber kein exemplarischerer Song gefunden hätte. Diese beiden Alben destillieren Bodom nach wie vor, und auch "Are You Dead Yet?" ist weithin berücksichtigt.
Alles ist aus einem Guss und so schlingt sich ein Bogen vom "Hexed"-Opener "Under The Grass and Clover" zum Closer "Downfall" (von Hatebreeder", 1999), der sonst kaum nachvollziehbar wäre. Das ist um so bemerkenswerter, als die Trennung zu diesem Zeitpunkt ja schon kommuniziert war, die Band aber keinerlei musikalische Zerfallserscheinungen zeigte. Children Of Bodom waren eben ein Liebeskind, das leider auseinanderbrach und dann endgültig starb, und dessen Wert durch "A Chapter Called Children Of Bodom - The Final Show In Helsinki Ice Hall 2019" deutlich unterstrichen wird.
1 Kommentar mit 3 Antworten
Kann und muss die Interviews mit Janne Wirman empfehlen, die er (und seine beiden Bandkollegen) im vergangenen Jahr gegeben hat und, auf COB angesprochen, zu Protokoll gab, dass alles auf Alexi's Tod hinauslief und sie die Reissleine ziehen mussten. Nichts musikalisch inkompatibel, keine Fokussieren auf die Familien wie gepredigt, sondern ein Frontmann, der 2016 in einer stillen Minute gegenüber seinem besten Freund ankündigte, sich ab jetzt tottrinken zu wollen und niemand könne ihn dabei aufhalten. Und es dann gnadenlos durchzog.
1 mann 1 plan. ich bin ehrlich überrascht, dass taneli jarva (sentenced, poison whiskey, black league usw) noch unter uns weilt. aber trotzdem schön. rip an alexi. mochte ich gerne
Krass, davon wusste ich auch noch nichts. Ich glaube er hatte schon ganz früh in der Anfangszeit der Band einen Suizidversuch hinter sich, anscheinend konnte er diese Gefühle nie wirklich hinter sich lassen.
Gewiss nicht die angenehmste Art, sich das Leben zu nehmen.
Wer einmal einem Alkoholiker auf dem Weg in den Tod zugesehen hat, weiß wovon ich rede.
Auch für die Angehörigen, Freundinnen und Freunde eine Tortur, die man nicht vergisst.