laut.de-Kritik
Virtuoses, mitreißendes Gedudel.
Review von Giuliano BenassiLange nichts gehört vom Tausendsassa aus Kalifornien: Nachdem Chris Thile mit Nickle Creek, den Punch Brothers, unter eigenem Namen und in Kollabo-Projekten ständig neue Alben herausbrachte, war Anfang 2015 für zwei Jahre Schluss.
Das mag daran liegen, dass er im selben Jahr Vater geworden ist. Oder dass sein Label nicht mehr wusste, wie es die vielen Platten vermarkten sollte. Ganz von der Bildfläche verschwunden war Thile natürlich nicht, wie das vorliegende Album mit seinem Nonesuch-Kollegen Brad Mehldau zeigt: Seit 2011 traten sie mehrmals zusammen auf, bevor sie sich Ende 2015 in New York ins Studio begaben.
Ganze drei Tage, den 30. Dezember sowie den 2. und 3. Januar 2016, brauchten sie, um den vorliegenden Longplayer einzuspielen. Produzent oder weitere Musiker: wozu? Bei zwei solch virtuosen Spielern reichte es, die Rec-Taste zu drücken.
Die Aufteilung stand ohnehin fest: Mehldau am Flügel, Thile an Mandoline und Mikrophon. Den ersten Track "The Old Shade Tree" schrieben sie zusammen, das restliche Material besteht aus Stücken entweder des einen oder des anderen. Dazu Interpretationen: Elliott Smiths "Independence Day", Gillian Welchs (mit Partner Davis Rowlings) "Scarlet Town", Joni Mitchells "Marcie" und Bob Dylans "Don't Think Twice, It's Alright", außerdem der Standard "I Cover The Waterfront". Das letzte Stück stammt von einem irischen Komponisten, der vor gut 400 Jahren lebte: Ruaidri Dáll Ó Catháin. Die Vinyl-Ausgabe bietet zusätzlich Fiona Apples "Fast As You Can".
Das Duo geht diese Bandbreite mit der gewohnten Energie und guten Laune an. Erstaunlich, wie bei so vielen Noten nie ein Augenzwinkern fehlt. Dass dabei zwei Instrumente zusammen kommen, die in der Theorie nicht so richtig zusammen zu passen scheinen, fällt beim Hören gar nicht auf. Man könnte meinen, diese beiden haben noch nie etwas anderes getan als zusammen zu spielen.
Ein hochwertiges Album also, das trotz der Virtuosität leicht wie eine Feder durch die Luft schwebt. Dennoch sorgt es für Bewegung sorgt: Das natürliche Medium dieser Aufnahmen ist die Schallplatte. Das führt bei einer Spieldauer von 70 Minuten und zwei Vinyl-Scheiben dazu, dass man sich drei Mal vom Sofa erheben muss.
Da geht es CD-Hörern besser. Sie müssen nur einmal aufstehen, der Schuber erhält ebenfalls zwei Silberlinge. Der Grund kann kein technischer sein, schließlich würden die zehn Stücke auch auf einen passen. Eine Hommage an die Vinyl-Version? Oder eine neue Mode? Auffällig, dass es Metallica vor wenigen Monaten ebenfalls so gehandhabt haben.
Doch das bleibt die einzige Gemeinsamkeit zwischen den Schwermetallern und dem Jazz/Bluegrass-Duo. "Brad und Chris definieren den Begriff des modernen Musikers neu", stellt Medien-Manager Robert Hurwitz, der die zwei zusammen brachte, in den Liner Notes passend fest. "Beide kennen sich mit der Tradition aus, ihre Musik hört sich oft bekannt an, was an der Natur ihrer Instrumente, ihren Hintergründen, Persönlichkeiten und Erfahrungen liegt. Dennoch haben sie etwas erschaffen, das wir noch nie vorher gehört haben."
3 Kommentare mit einer Antwort
irgendwie zu viele Töne. Und die Stimme gefällt mir auch nicht so. Schade. John
Also ich find's ziemlich geschmeidig. Gekauft!
Wobei der Brad das Singen besser sein lassen sollte ...
Eine gewisse Affinität zum "Great American Songbook", mit viel Energie (besonders von Chris Thile) vorgetragen. Brad Mehldau beschränkt sich wohltuend auf die Rolle des Begleiters. Flügel und Mandoline vertragen sich bestens. Zum Reinhören: Noise Machine. Kaufempfehlung!