laut.de-Kritik
Reise-Songs mit Geige, Gitarre und Kontrabass.
Review von Andreas Dittmann"I found myself walking on a lonely highway." Chuck Ragan ist viel unterwegs. Mit Hot Water Music, mit seiner Revival-Tour und natürlich solo. Da bleiben oftmals Familie und Freunde auf der Strecke. Weil das nicht so schön ist und das Nomaden-Dasein ganz schön zehrt, hat Chuck sein drittes Album komplett unter das Thema Straße, Unterwegs-Sein und Vermissen gestellt.
Das ist weder wahnsinnig spektakulär noch tiefschürfend - aber dafür ehrlich. Wer so schöne Zeilen wie "And every move she makes, with a cadence that she wakes, takes my soul up to the sky through the shadows and some shine" schreibt, dem verzeiht man auch, dass es solche Texte bereits zu Hauf gibt.
Im Gegensatz zum Vorgänger "Gold Country" geht Chuck wieder ein gutes Stück zurück zum rohen und simplen Sound eines "Feast Or Famine". Gitarre, Kontrabass, Geige und die legendäre Reibeisen-Stimme – mehr brauchts nicht. Selten ertönt einmal ein Schlagzeug, eine Mundharmonika, eine Mandoline oder eine Pedal-Steel-Gitarre. Dafür dürfen ein paar Freunde, wie Brian Fallon oder Frank Turner, mitgrölen.
Der Hot Water Music-Fronter vermöbelt seine Gitarre oder streichelt sie sanft, Geiger John Gaunt schwelgt in schönsten Folk-Melodien und Joe Ginsberg groovt gemütlich seine Basslines. Gospel, wie im zerbrechlichen "Right As Rain", trifft auf Country bei "Come Around" oder rauen Folk im scheppernden "Nomad By Fate".
Vor allem "Meet You In The Middle" mit Gastsänger Brian Fallon spielt alle Stärken des Punk-Troubadours aus. Chuck malträtiert seine Gitarre, die Fiddle fegt übers Griffbrett, der Kontrabass treibt und pumpt derbe und die beiden rauchigen Stimmen spielen sich die Bälle zu. "I give you what I got, blood, sweat and tears. Tell me what you need and I'll do my job and meet you in the middle."
Bei all den schönen Songs muss allerdings auch gesagt werden, dass sich Chuck langsam aber sicher wiederholt. Einige Melodien – von den Akkordfolgen ganz zu schweigen – erinnern stark an "Feast Or Famine". Die Fiddle in "Nomad By Fate" wirbelt in sehr ähnlichen Melodie-Bögen wie schon in "California Buritos", und wenn "Nothing Left To Prove" beginnt, muss man unweigerlich an "The Boat" denken.
Aber das lässt sich verkraften, weil man eigentlich gar nicht genug von Chucks ehrlichen und bodenständigen Folk-Punk-Songs bekommen kann. Das wunderschöne "Valentine" alleine, das schon auf der Live-Platte "Los Feliz" zu hören war, tröstet über alle Negativ-Punkte hinweg. Wenn sich Chuck seine Liebe und seine Sehnsucht aus dem Hals brüllt, ist wirklich alles gut.
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