laut.de-Kritik
Die Röcke der Ex-Models bekommen Schmutzflecken.
Review von Michael Schuh"Satisfaction guaranteed", ein Textfragment aus dem gleichnamigen Song des Client-Debütalbums, ist mittlerweile zum Claim für die britische Synthie Pop-Band mutiert. Seit nunmehr vier Jahren befriedigen die zwei Musikerinnen Katie Holmes und Sarah Blackwood ihre Fans mit moderner elektronischer Popmusik und einer stringenten wie ansprechenden Bildästhetik, die den Fokus auf schlanke Frauenbeine lenkt.
Ein Blick aufs Cover der dritten Client-Platte "Heartland" genügt, um festzustellen, dass in der zweijährigen Albumpause eine weitere Pumps-Trägerin ins Spiel mit den Identitäten aufgenommen wurde. Client E, so das Aka der neuen Bassistin Emily Mann, war im früheren Leben einmal Teil der englischen TV-Show "Make Me A Supermodel", was der auf subtil-hintergründige Erotik ausgerichteten Marke Client sicher nicht abträglich war.
Dass es sich bei den Ex-Models um ein reines Kunstprodukt handelt, nur weil die Bandmitglieder ähnlich ihren Kollegen von Ladytron viel Wert auf ihre optische Präsentation legen, ist eines der großen Missverständnisse um Client. Dass sie nur die Pantoffelträger von Andy Fletcher sind, lässt sich nun allerdings nicht mehr so leicht behaupten, da "Heartland" erstmals nicht auf Mute Records erscheint, trotz stetig guten Kontakts zum Depeche Mode-Keyboarder.
Dem verführerischen Glamour-Pop der Gruppe hat der Labelwechsel jedenfalls nicht geschadet. Zwar lassen die neuen Songs nicht unbedingt auf den Zugang einer Bassistin schließen, dies dürfte sich live aber schnell ändern. Die Uptempo-Nummern "Drive", das glamrockige "Lights Go Out" sowie die hervorragende Dancefloor-Umsetzung des '79er Adam And The Ants-Klassikers "Zerox Machine" stellt das Trio in eine Reihe mit Vorzeige-Rock'n'Rollerinnen der Marke Kim Gordon. Live düften ihre Röcke dabei nicht ohne Schmutzflecken davonkommen.
Dennoch bleiben die wahren Idole der Damen jederzeit präsent. So zitiert etwa "Lights Go Out" den opulenten Songbeginn von "It's A Sin", während der etwas ungünstig platzierte Balladen-Opener "Heartland" sowohl die hallende Snare von Depeche Modes "A Question Of Lust" (1986), als auch in Teilen die Gesangsmelodie von The Cures "Kyoto Song" (1985) in Erinnerung ruft. Es gibt wohl kaum schlechtere Band-Referenzen, selbst die entsprechenden Jahrgänge lassen Elektro- und Wave-Fans mit der Zunge schnalzen.
Mit Youth (Primal Scream) und Stephen Hague (Pet Shop Boys) holten sich Client scheinbar genau die richtigen Produzenten ins Studio, um ihrem hochpolierten Sound die nötige Schärfe mitzugeben. Zwar bleibt "Overdrive" vom letzten Album mein ewiger Client-Favorit, die kompositorische Dichte des vorliegenden Albums konnte "City" aber vielleicht auch aufgrund mehrerer Gastsänger nicht aufbringen.
Als einzigen Schwachpunkt neben dem nur okayen "Monkey On My Back" würde ich das plakative Client-Stück "Where's The Rock And Roll Gone" bezeichnen, dessen repetitver Refrain in alter "Rock'n'Roll is all I wanna do"-Manier aus dem Macbook perlt. Mit dem Instrumental "Koeln" findet nach "Leipzig" bereits die zweite Song-Hommage an eine deutsche Stadt den Weg ins Client-Universum, bevor mit "Get Your Man" nochmal ausgiebig den Errungenschaften von Gary Numan gehuldigt wird.
Es gab eine Zeit, da diktierten Blackwood und Holmes den Journalisten tatsächlich Sätze aufs Band wie diesen: "Wir konkurrieren nicht mit Atomic Kitten". Mittlerweile sind Client zu einer eigenen Referenzgröße im zeitgenössischen Electro-Pop heran gereift, trotz immer noch äußerst ansehnlicher Beine.
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