laut.de-Kritik

Metal im perfekten Herbstgewand.

Review von

Weit mehr als ein Sturm im Wasserglas sind die berührenden und wohl durchdachten Kompositionen der norwegischen Progressive-Metaller Communic schon seit ihrem grandiosen Debütalbum "Conspiracy In Mind" aus dem Jahre 2005.

Mastermind Oddleif Stensland hat sich diesmal viel Zeit gelassen. Ganze drei Jahre sind seit dem keinesfalls unumstrittenen "Payment Of Existence" vergangen. Die Unsicherheit, die er schon nach dem vielumjubelten Debütalbum verspürte, ist ihm geblieben. Der teils selbstauferlegte, teils von zahlreichen Fans kommende Druck verlangt dem sensiblen Blondschopf scheinbar immer noch Bestleistungen ab, denn "The Bottom Deep" erweist sich erneut als Volltreffer, bei dem sich das Trio keinesfalls selbst wiederholt.

Communics konnten immer schon eine Vielzahl an Emotionen mit Tiefgang zu erschaffen, ohne dabei in kitschiges Gedudel auszubrechen. Zudem haben sie die Songs wieder etwas gekürzt, was nicht nur der Vielseitigkeit der Lieder gut tut, sondern auch dafür sorgt, dass sich die ruhigen Passagen mit den eruptiven Parts öfter abwechseln. Dadurch erzeugen sie wesentlich mehr Verve. Vor allem das Anfangsdrittel von "The Bottom Deep" hat es wirklich in sich.

Der Opener "Facing Tomorrow" lebt vom rhythmusgebenden Drumming von Tor Atle Andersen und den zahlreichen Mörderriffs, die Stensland scheinbar mühelos aus dem geübten Ärmel schüttelt. Diese Stärke zieht sich locker weiter. Auch "Denial" erweist sich als Lichtblick im durchschnittsverseuchten Power/Thrash Firmament. Beim göttlichen "Flood River Blood" schalten Communic dann einen Gang zurück, punkten aber mit einem ohrwurmtauglichen Refrain und der hörerfreundlichen Abwechslung aus sanften Akustikeinlagen und pulsierenden Thrash-Versatzstücken.

Die Nevermore/Sanctuary-Vergleiche werden auch mit diesem vierten Studiorundling Communics nicht verstummen, doch ein pulsierendes, mit unzähligen Finessen und Details ausgeschmücktes Prog/Power-Meisterstück wie "Destroyer Of Bloodlines" überholt die letzte Warrel Dane-Scheibe mit Standgas und kaputtem Getriebe.

Auf "Wayward Soul" packen die Norweger noch einmal alles auf den Tisch, was sie bislang so groß und einzigartig werden ließ: eingängige Melodielinien, Stenslands Gesangsleistung, die dem Hörer sämtliche Gefühlsregungen des Künstlers näher bringt und die tadellose rhythmisch-flotte Akzentuierung von Bass und Schlagzeug, die das Abdriften in den akustischen Schmalztopf erfolgreich zu verhindern wissen. Dazu schnalzt Stensland noch Hooks auf den Tisch, die man seit seligen Paradise Lost Glanzzeiten nicht mehr vernommen hat. Mit dem abschließenden, bewusst kurz gehaltenen akustischen Titelsong tragen Communic ihre Hörer noch ein letztes Mal davon, um ein weiteres Kapitel herausragender Klangkunst ruhig und besinnlich zu beenden.

Wenn man schon von Schwächephasen reden darf, dann sind diese im Mittelteil des Albums zu finden. Obschon "In Silence With My Scars" oder "My Fallen" nicht die herausragende Qualität des übrigen Materials halten können, würden zig Millionen ähnlich geartete Bands für dieses Songwriting bereitwillig töten.

"The Bottom Deep" ist ein Befreiungsschlag, ein direkt in die Gehörgänge fließender Gegenbeweis zu den vielen Befürchtungen, die Norweger würden Ideenreichtum und Herzblut verlieren. Zum Meisterwerk fehlt es noch etwas an Durchschlagskraft. Die Melancholie bekommt den Vorzug, was auf Kosten der Power/Thrash-Vibes geht und "The Bottom Deep" partiell etwas zu nachdenklich klingen lässt. Trotz allem gelingt Communic mit diesem Referenzwerk locker DAS Metalalbum dieses Sommers, auch wenn man sich die Scheibe viel besser neben herab fallenden Kastanien und rot-gelb verfärbten Blättern im kühler werdenden Herbst einverleiben kann.

Trackliste

  1. 1. Facing Tomorrow
  2. 2. Denial
  3. 3. Flood River Blood
  4. 4. Voyage Of Discovery
  5. 5. In Silence With My Scars
  6. 6. My Fallen
  7. 7. Destroyer Of Bloodlines
  8. 8. Wayward Soul
  9. 9. The Bottom Deep
  10. 10. In Union We Stand (Bonus Track)

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LAUT.DE-PORTRÄT Communic

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6 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    Die Ausnahmeband hat wieder ein sehr gutes Album herausgebracht, bei dem sich ab und zu (in wenigen Passagen) etwas Langweile breit macht. Es ist nicht so vertrackt wie "Waves" und nicht so kongenial wie "Conspiracy in Mind". Es ist besser wie der Vorgänger und ist jedem Metal-Fan ans Herz zu legen. Die Vergleiche mit Nevermore sind nicht völlig von der Hand zu weisen, auch wenn sich das eher an den Gesang von Oddleif liegt. Eine absolut tolle Live-Band übrigens mit tollen Musikern an ihren Instrumenten. Das Meisterwerk bleibt "Conspiracy in Mind" gefolgt vom thrashigen "Waves of the Visual Decay. Dennoch wieder gewohnte Qualität aus dem Hause Communic!

    P.S: Gutes Review - sehe ich genauso.

  • Vor 13 Jahren

    Grandioses Album und ein muss für jeden Freund gutem Metals! Viel Im Review stimm ich auch zu, aber "in Silence with my Scars" find ich allerdings auch großartig, erinnert mich irgendwie mit der Melodieführung etwas an Queensryche, ohne dass ich das genau zuordnen kann!
    Und mit dem Wissen um den Hintergrund des Albums, nämlich der Tod Stenslands Tochter, erreicht das ohnehin schon sehr atmosphärische Album dazu noch eine unglaubliche Intensität, die ich so lange nicht mehr gehört habe! Einige kleine Kritikpunkte kann man anbringen, aber alles in allem in die Qualität des Album so verdammt hoch, dass das wirklich fast zu vernachlässigen ist - und für damit eindeutig ein 5-Sterne Album! Freu mich auch auf die Tour jetzt bald mit Forbidden, die Jungs haben sich hierzulande lang nich mehr sehn lassen! :)

  • Vor 13 Jahren

    Warum ist Edele hier eigentlich der resident Metal-Rezensent, wenn jedem "Gastschreiber" zu einer Metal-Scheibe ein wunderbar inspirierender, besser geschliffener und formulierter und viel mitreißenderer Text einfällt als das übermäßig gelangweilte, zumeist selbstbeweihräucherndere Geschreibsel vom Höllenhund himself?!

  • Vor 13 Jahren

    Na ja, der gesang ist nicht mein ding.
    Sonst sind die riffs ganz ok. weiß nicht wieso das hier ne ausnahmeband sein soll. Schon nicht übel alles aber ein "grandioses album" ist das nicht wirklich. Da sind opeth alben deutlich interessanter.

    Ein wirklich grandioses album ist meiner meinung nach zum beispiel Digital Veil von The Human Abstract...denke mal das wird hier nicht mehr rezensiert, auch wenns angekündigt wurde.

  • Vor 13 Jahren

    Na ja, der gesang ist nicht mein ding.
    Sonst sind die riffs ganz ok. weiß nicht wieso das hier ne ausnahmeband sein soll. Schon nicht übel alles aber ein "grandioses album" ist das nicht wirklich. Da sind opeth alben deutlich interessanter.

    Ein wirklich grandioses album ist meiner meinung nach zum beispiel Digital Veil von The Human Abstract...denke mal das wird hier nicht mehr rezensiert, auch wenns angekündigt wurde.

  • Vor 13 Jahren

    @soulburn (« Warum ist Edele hier eigentlich der resident Metal-Rezensent, wenn jedem "Gastschreiber" zu einer Metal-Scheibe ein wunderbar inspirierender, besser geschliffener und formulierter und viel mitreißenderer Text einfällt als das übermäßig gelangweilte, zumeist selbstbeweihräucherndere Geschreibsel vom Höllenhund himself?! »):

    Gut wie habe ich gehofft, dass das jm. auch mal ausspricht. Beim ersten Lesen wollte ich noch einen lobenden Kommentar für Höllenhund himself drunter setzten, war ganz positiv angetan, aber dann sah ich erst, dass er es gar nicht geschrieben hat. *owned*