laut.de-Kritik
Für Metalheads, Gothics und die ganze Familie.
Review von Michael EdeleMit "Cantus Buranus" haben Corvus Corax letztes Jahr ihr bisheriges Meisterwerk abgeliefert. Schon im Interview dazu hatte Wim angekündigt, dass man das Großprojekt auf der Berliner Museumsinsel vor Publikum aufführen und dort auch für die Nachwelt in Bild und Ton festhalten will. Dass man dabei nicht knausern würde, war von vorne herein klar.
"Cantus Buranus: Live In Berlin" ist somit auch ein Großereignis geworden. Neben den Spielleuten wurde für den Abend das Philharmonische Orchester des Staattheaters Cottbus unter der Leitung von Generalmusikdirektor Jörg Iwer verpflichtet. Damit nicht genug waren auch noch der Opernchor des selben Staatstheaters, der Chor Ivan Pl. Zajc aus Zagreb, das Vokal Ensemble Psalteria aus Prag, sowie die Sopranistin Ingeborg Schöpf vor Ort.
Abgerundet wurde diese eh schon beeindruckende Aufgebot von dem Gordon-Spieler Bela Kasa, dem Stelzentheater Feuervogel und dem Showteam Excalibur, die die prächtige Kulisse der Museumsinsel als bildgewaltigen Hintergrund nutzten. Bei so viel Prunk und Pracht könnte eigentlich nicht mehr viel schief gehen - es wurden zwei beeindruckende Tage für Metalheads, Gothics und die ganz normale Familie.
Eingeleitet wird die Show vom Stelzentanztheater Feuervogel. So was ähnliches hatten ja auch schon Cradle Of Filth auf ihren Touren dabei, aber da muss man wohl einen Nerv für haben, ansonsten wirkt das vielleicht ein wenig ... ähäm ... seltsam. Zu der Darbietung kommt so langsam die Rhythmus-Fraktion der Raben auf die Bühne und nimmt ihren Platz hinter dem Orchester ein. Ihr folgt der Chor, der komplett in helle Kutten gehüllt ist und von denen das komplette Konzert über keiner die Kapuze abnimmt.
Auf einem römischen Kampfwagen, gezogen von vier Hengsten, lässt sich schließlich die Dudelsack-Abteilung vor die Bühne fahren. Dort gesellt sie sich zu den anderen, und die Show kann richtig los gehen. Entgegen meinen Erwartungen halten sich die Musiker nicht an die Reihenfolge der Titel vom letzten Album, sondern legen nach dem Intro mit "Florent Omnes" los. Das Bild der zahlreichen Musiker auf der Bühne ist beeindruckend und schon für sich Unterhaltung genug.
Zu "Rustica Puella" wird schließlich die Sopranistin Ingeborg Schöpf im reich verzierten Gewand auf einer Plattform vor die Bühne getragen, um dort von Wim und Teufel während ihrer Darbietung befächert zu werden. Für "Sol Solo" und das abschließende "Fortuna" kehrt die Dame noch mal auf die Bühne zurück und glänzt dort nicht nur mit ihrem strahlenden Auftreten. Die Blicke, die sie dabei stellenweise Castus zuwirft, sehen aber auch nicht nur nach reiner Freundschaft aus.
Spätestens bei "Curritur" artet die Vorstellung zu einer fast typische Corvus Corax-Show aus, und auch die Alphörner am vorderen Bühnenrand kommen endlich zum Einsatz. Bei "Lingua Mendax" setzen Wim und Teufel schließlich auch das Organistrum ein, das leider im Dokumentationsteil nicht so ausführlich vorgestellt und erklärt wird, wie man es sich vielleicht wünscht. Ein wenig mehr zur Geschichte davon wäre bestimmt interessant gewesen.
Nicht nur die Jungs von Corvus Corax, auch die integrierten Musiker des Philharmonischen Orchesters scheinen sich richtig über das Spektakel zu freuen. Der Chor steht ebenfalls nicht nur in der Gegend rum und singt seine Strophen, sondern fühlt sich von Musik und Rhythmus eingefangen und geht entsprechend mit. Bei "Dulcissima" legt sogar der erste Geiger der Philharmoniker so richtig los - man merkt dem Mann an, dass er sich in seiner Rolle als Rockstar sichtlich wohl fühlt.
Großes Lob geht an dieser Stelle auch an die Kameramänner und die für den Schnitt zuständige Regie. Lange Kamerafahrten, die bei solch einem Spektakel einfach ein Muss sind, gehen hier in fließende Übergänge und nur wenige, harte Schnitte über. Allerdings sollte man sich nicht immer auf Autozoom und automatische Belichtungsmessung verlassen. Das ändert natürlich nichts an der Tatsache, dass die Aufführung ein voller Erfolg war. Wie bemerkt Castus am Schluss so schön: "Wir hatten italienische Verhältnisse."
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