laut.de-Kritik
Dieses Album würde zu jedem Wes Anderson-Film passen.
Review von Sven Kabelitz"The Much Much How How and I" ist ein Wimmelbilderbuch aus Geräuschen. Fledermäuse aus Panama, Rolltreppen, Vogelgezwitscher und sich drehende Münzen. Dazu greift Cosmo Sheldrake auf die über 30 Instrumente zurück, die er beherrscht. Dazu zählen unter anderem Gitarre, Banjo, Keyboards, Kontrabass, Schlagzeug, Tin Whistle, Sousafon oder Akkordeon. Jeder seiner Songs malt so ein ganz eigenes verschrobenes Bild.
Greift der Sohn des Biologen Rupert Sheldrake beim Zusammenfügen seiner Kollagen noch auf moderne Technik zurück, so wohnt seinen Liedern selbst eine alte Seele inne. Zirkus-Romantik und barocke Walzer bestimmen die Szenerie. Sein Songwriting hält all diese losen Stücke fest zusammen. Eine spleenige Mischung, die jedem Wes Anderson-Film gut zu Gesicht stehen würde.
Nach seiner EP "Pelicans We" (2015) steht Sheldrake für sein Debütalbum ein nicht weniger experimentierfreudiger Charakter als Produzent zur Seite. Matthew Herbert, der mit "One Pig" einen Longplayer veröffentlichte, auf dem er dem Leben eines Schweins von Geburt über den Schlachthof bis auf den Teller folgte.
Der Einstieg in diese Zauberwelt findet sich am leichtesten über "Wriggle" und "Come Along". Dank ihres eingängigen Wesens führen sie leichtfüßig in die kunterbunte "The Much Much How How And I"-Welt. "Wriggle" verbreitet durch seine klassischen Instrumentierung einiges an "Peter Und Der Wolf"-Charme. "Come Along" reist von Stimmung zu Stimmung: Von dem unheilsschwangeren Beginn bis zu seinem They Might Be Giants-Refrain nimmt der Track mehr als nur eine unerwartete Abzweigungen.
In "Solar Waltz", Schneekugel und Spieluhr zugleich, bleiben die Field Recordings des Beatboxing-Lehrers Sheldrake außen vor. Stattdessen zeichnet er zu Drehorgel, Trompete und Gitarre ein trauriges Gemälde. Dafür dreht er im voran humpelnden "Egg And Soldiers" wieder am Hauptrad. Unter anderem verbindet er Wassergeblubber, Applaus und seine schnurrende Katze laut eigener Aussage zu einem kauzigen Lied über "Hochmut und die Fallstricke der Kurzsichtigkeit". Plöp?
Zum Grand Finale "Hocking" marschieren die Elefanten in Form einer Jazz-Parade durch die Manege. Sheldrake wirft für den Song jegliche Zurückhaltung über Bord. Hier wird nicht gekleckert, hier wird geklotzt. So beendet er sein liebenswertes und vor Kreativität strotzendes Debüt auf einer Klimax. Ein einzigartiges Album, das vor Eindrücken nur so überquillt.
1 Kommentar
Wirklich schön verrückt und angenehm durchgeknallt. Dabei aber immer harmonisch. Es ist immer eine Gratwanderung, wenn Kreativität sich komplett austobt. Hier aber mehr als gelungen.