laut.de-Kritik
Die Dame schmust und spuckt den Hörer an.
Review von Vicky ButscherSchon Cover und Booklet machen klar: Courtney Love hat nicht vor, vom Weg abzuweichen, den sie mit Hole gegangen ist. Auf "Live Through This" waren Ballerina-Schühchen zu sehen, Die Farbe Rosa tauchte oft im Hole-Kontext auf. Auch mit "America's Sweetheart" definiert sie musikalisch und textlich ihren eigenen pastellfarbenen, aufreizenden und selbstüberzeugten Feminismus.
Nicht nur die Verpackung verrät, dass Hole vor allem Courtney war. Auch die Songs hätten sich schön in die Discographie ihrer Ex-Band eingereiht. Warf man ihr früher immer wieder vor, die Stücke nicht wirklich selbst zu Papier gebracht zu haben, beweist sie mit dem allein geschriebenen "Hold On To Me", dass sie's doch drauf hat. - Irgendwo zwischen dem verstörend-süßen Grunge auf Holes "Live Through This" und dem poppigen Rock von "Celebrity Skin" pendelt dieser Klasse-Song - Fans der gemäßigten Riot Grrrl-Zeit wird ein wohliger Schauer den Rücken runter laufen. "All The Drugs" kommt als abgehangener Rock-Kracher, vor allem die Lyrics verraten Courteys Anteil: "They can try to shut me up / But they never can / ... / With all the drugs in the world".
"America's Sweetheart" zeigt, wie wundervoll Miss Love immer noch mit ihrer Stimme umgehen kann. Erst schreit sie so wütend, dass sich der Hörer fast bespuckt fühlt, dann singt sie mit dem süßesten, säuselndsten Stimmchen. Diese Gegensätze spiegeln sich auch in der Musik: In einzelnen Songs switcht sie gekonnt zwischen völlig konträren Stimmungen.
"It's time that you and me / Have lots and lots of meaningless sex" rotzt sie in "Julian, I'm A Little Older Than You" ihr Anliegen straight raus, wie man es sonst eher von jüngeren, männlichen Punk-Bands kennt. Ob sich der angesprochene Julian Casablancas davon beeindrucken lässt, ist unklar. Und egal, denn der Song beweist, dass Courtney die Härte, die ihr (vor allem ihrem Charakter) viele zuschreiben, in melodische Gassenschreier umsetzen kann.
Aus dem Rahmen fallen auf "America's Swetheart" nur der "Zeplin Song", der gähnende Langeweile verbreitet, und das vom Elton John-Texter co-geschriebene "Uncool", das einiges weicher als die anderen Songs klingt und seinem Namen alle Ehre macht.
Die Lyrics offenbaren die Welt der Courtney Love, ihre oft verwirrende Sicht auf die Dinge. Sie gibt sich mal stark, mal verletzlich-verwirrt. Schlussendlich möchte sie halt immer noch das "girl with the most cake" sein.
Noch keine Kommentare