laut.de-Kritik
Durchwachsenes Comeback mit einigen Schnitzern.
Review von Johannes JimenoCraig David ist einer dieser Künstler, von denen man eine Handvoll Songs kennt. "7 Days", "Fill Me In", "What's Your Flava", "Walking Away" und "Rise & Fall" mit Sting sind hierzulande anzuführen, wenn es um den britischen Sänger geht. Im UK ist er immer noch ein Superstar und belegt nach sechs Jahren Abstinenz mit "Following My Intuition" Platz 1 der Charts. Was taugt das Comeback wirklich?
David sorgt direkt zum Start mit "Ain't Giving Up" für gute Laune. Der luftige Tropical-House von DJ Sigala funktioniert nach Schema F und dürfte in der Disco nach fünf Gin Tonic der Dancefloorburner schlechthin sein.
Viel besser gestaltet sich "When The Bassline Drops": 2-Step-Breaks in den Strophen und ein wummernder Garagebeat im Refrain bringen den Kopf zum Nicken. Featuregast Big Narstie trägt seinen Rappart sehr cool vor mit lässiger Metapher über Fußballspieler Christian Benteke: "Goin' in, living my movie / Bentekkers. I'ma steppers." Feinen Garage-Sound gibt es auch bei "One More Time", umgeben von Deephouse-Elementen und einem rappenden David.
Der Mann aus Southampton wäre kein richtiger Sänger, würde er auf Balladen verzichten, und die gestalten sich als durchaus hörbar. "All We Needed" ist ein unaufdringliches Klavierstück mit Streichern, das niemals kitschig gerät dank Davids sanfter Stimme. Das finale "Better With You" setzt einen tollen Schlusspunkt und mausert sich zum besten Song auf dem Album. Feine Singer/Songwriter-Gitarre, hallende Fingersnaps und ein gefühlvoller Gesang gehen konsequent durch das Stück und bleiben ihrer Schlichtheit treu. Nicht ganz so gelungen ist hingegen das viel zu lang geratene "Like A Fan" mit einem cheesy Refrain. Immerhin hält sich der atmosphärische Beat angenehm im Hintergrund zurück.
Recycling scheint bei Craig David ein großes Thema zu sein, weil er gleich zwei Songs aus der Vergangenheit verwurstet. Zum einen "16", das eine aktuelle Version von "Fill Me In" darstellt und den Beat aus Justin Biebers Song "Where Are Ü Now" beinhaltet. Rein gar nichts verändert wurde bei "Got It Good", das schon auf Kaytranadas Soloalbum "99,9%" Platz fand.
So ergibt sich der Anschein, dass David wirklich jedem Menschen irgendwie gefallen möchte. Einen zusätzlichen Beleg dafür bringt "What If", bei dem er so klingt wie in jedem R'n'B-Song Anfang der 2000er und das Anleihen von Hits von Usher aufweist. Man will ja nicht nur neue Fans ansprechen, sondern auch das alte Klientel mit ins Boot zerren.
Und dann sind da noch einige grobe Ausfälle. "Change My Love" frustet mit einer kindlichen Flötenmelodie und unfassbar flachen Lyrics: "Out with my boys, yeah we been drinking / Now you're calling me, why you calling me? / You asking where are you, it's late / It's quarter to three, are you kidding me?" Der Durchschnittsbürger würde tweeten: #overlyattachedgirlfriend. Absurde Stimmungsverschiebungen in nur einem Song schafft wohl nur Craig David: "Louder Than Words" versetzt den Hörer in den Wilden Westen mit typischem Pfeifen und Akustik-Gitarre. Verzerrte Drums und Keyboard-Geklimper reiten hinauf zum überladenen Refrain. Gegen Ende kommen verspielte Winterglocken ins Dorf, sodass nicht nur der Sheriff verwirrt seinen Hut abnimmt und sich fragt: Jo mei, ist denn heut scho Weihnachten?
So ist "Following My Intuition" ein ziemlich durchwachsenes Werk und man wird den Eindruck nicht los, dass Craig David auf Teufel komm raus es allen recht machen will. Der große Erfolg in seinem Heimatland dürfte dafür sorgen, dass sein nächstes Album schneller kommt – hoffentlich mit konsistenter und frischerer Soundkulisse.
2 Kommentare
Ach, waren das noch Zeiten -> https://www.youtube.com/watch?v=4lxRRCxfRvI
Na ja, allein den Albumtitel finde ich etwas unsympathisch - weil ich-bezogen.
Aber reinhören werde ich wohl trotzdem mal.
Der hat sogar mal ein Lied mit Monrose zusammen rausgebracht.