laut.de-Kritik
Straighter Doom-Rock statt ausufernde Post-Psych-Epen.
Review von Alex KlugEtliche Male hat sich Justin Greaves in der Vergangenheit als scheinbar ewig sprudelnder Quell außergewöhnlicher Kreativität bewiesen. Die perfektionierte Post-/Psychedelic-/Prog-Melange, die der ehemalige Iron Monkey- und Electric Wizard-Drummer seit einer guten Dekade unter dem Banner Crippled Black Phoenix verbreitet, sucht im Alternative-Rock-Underground seit Jahren würdige Kontrahenten. Dem zu Zeiten von "200 Tons Of Bad Luck" äußerst beachtlichen Klang- und Instrumentalspektrum steht in den letzten Jahren allerdings der immer größere Fokus auf die Aktivität als fantreue, ergiebige Liveband gegenüber. Das ist schön, das ist gut – das hat vor zwei Jahren zum Markenrechtsstreit mit Ex-Gitarrist Karl Demata geführt.
Mit Old-School-Sweden-Death-Metaller Jonas Stålhammar (God Macabre, Bombs Of Hades) als neuem Gitarristen wagte das zwischenzeitliche EP-Release "New Dark Age" dabei einen weiteren Sprung in Richtung Stoner Rock. Und so verzichtet Greaves auch mit "Bronze" auf überlange Instrumental-Epen, hievt dafür oft schweres Slow-Mo-Riffing in den Vordergrund – von der erfreulich spacigen Klaus Schulze-artigen Synth-Ouvertüre "Dead Imperial Bastard" einmal abgesehen. Stücke wie "Deviant Burials" und "Champions Of Disturbance (Pt. 1 and 2)" setzen nicht selten auf starke, aber wenig abwechslungsreiche Hauptriffs, deren ewige Wiederholung dank glasklarer Produktion aber mehr Druck denn Atmosphäre schafft.
Nun wäre es aber töricht, die mit wenigen Ausnahmen ("Dead Imperial Bastard" und "Goodbye Then") fast ausnahmslos auf Sechssaitern fußenden Kompositionen der ständigen Live-Gegenwart dreier Gitarristen zuzuschreiben. Tatsächlich untermauert der mit etlichen Ex-Mitgliedern im Clinch liegende Mastermind auf "Bronze" nämlich erneut seinen Status als Einzelgänger und ist – neben Sänger Daniel Änghede und Organist Mark Furnevall – an beinahe jedem Instrument zu hören.
Heißt: Die mal bluesig, mal gilmouresken Leads von Ex-Kollege Demata fehlen über weite Strecken, einzig im zunächst trompetengetragenen "Scared And Alone" konzentriert sich Greaves auf behutsame Verzierungen. Den dadurch ausgehobenen Freiraum im Klangspektrum nehmen neben Bläsern, Orgeln und vereinzelten Piano-Klägen bisweilen auch die Synthesizer-Spielereien von Kraftwerk-Fan Furnevall ein. "Champions Of Disturbance (Pt. 1 and 2)" startet mit einer Floyd-"On The Run"-Reminiszenz, lebt in der zweiten Hälfte aber vor allem von knarzig dystopischen Vocoder-Indoktrinationen. Minimoog statt Delay-Pedal – eine angenehme Abgrenzung zur überlaufenen Post-Rock-Bewegung, von der sich Crippled Black Phoenix seit Gründungstagen zu distanzieren versuchen.
Dennoch scheint Greaves mittlerweile versucht, seine kreative Energie auf mehrere Projekte aufzusplitten. Während er ausgefeilt kinematografisch anmutende Instrumental-Songs zuletzt auch unter eigenem Namen veröffentlichte, verpulvert er die erdrückenden Melancholie-Schwaden des Debüts inzwischen lieber im mit Kollegin Belinda Kordic geführten Nebenprojekt Se Delan. Die er aber natürlich auch für "Bronze" wieder mit ins Boot holt. So dient das von Kordic gehauchte "Scared And Alone" als wesentliches auflockerndes Element der Platte – und könnte in dieser Form eben auch 1:1 auf einem Se Delan-Album stehen.
Selbiges gilt für die hypnotisierende Psych-Ballade "Goodbye Then", die trotz unterschwelliger Hall-Kaskaden nicht an die Intensität von Stücken wie "A Brighter Tomorrow" vom Vorgänger heranreicht. Ansonsten präsentieren Crippled Black Phoenix zunehmend "gewöhnlichere", aber gut durchdachte Rockmusik – wie das brillierende, im Albumkontext aber nun mal keineswegs eklektisch wirkende Joe Walsh-Cover "Turn To Stone" unterstreicht.
Ein Umbruch, der so legitim wie unspektakulär daherkommt. Aber irgendwie eben auch logisch, zumal der Band mit Daniel Änghede und Arvid Jonsson (Gastgesang, Greenleaf) nun wesentlich röhrendere Rock-Vokalisten zur Verfügung stehen als noch auf früheren Alben. Dennoch darf sich der Hörer jedes Recht bewahren, der Vergangenheit nachzutrauern. Insbesondere, wenn stilistische Reduktion die Gesamtwirkung des Albumerlebnisses durchaus etwas zu trüben vermag – so wie hier.
2 Kommentare mit einer Antwort
Alles zu lang, zu gleichförmig, zu dröge, um 70 Minuten zu funktionieren. Dabei mochte ich die "New Dark Age"-EP sehr. Bei "I, Vigilante" fand ich die EP damals auch saustark und das Album "Mankind" eher so naja. Die können ohne Joe Volk einfach nicht auf Albumlänge.
Muuuuum, der Toni nimmt schon wieder meine Meinung vorweg!
Ergänzend möchte ich noch die Kollabos mit Belinda Kordic anfügen. Die "No sadness or farewell"-EP lebt doch allein vom Kapital des überirdischen "What have we got to lose?"
https://www.youtube.com/watch?v=TEioeVpQQQw
Da war der Abgang von Joe bereits vollzogen und nahezu an allen Ecken und Enden zu spüren (Ausnahme: Belinda...). Mankind hatte als erstes Album dieses Kollektivs trotz Joes Beteiligung auch schon echte Ausfälle, "No sadness" war nicht die erhoffte Brücke zum neuen Sänger, "White Light Generator" hatte einiges Brauchbares und viel bereits dagewesenes, nur in schlechter... Und nun also reduzierter, mäandernder Doom... Grmpf.
Mit dem blauen Giganten "200 tons of bad luck" haben sie aber einen lebensretteden Fixstern in meinem Firmament, quasi in einem eigenen Sternsystem aus zugehörigen (Volk-)Alben und EPs, die diesen Giganten umkreisen.
Es ist anzufügen, dass "200 Tons Of Bad Luck" nur eine Zusammenfassung des Doppelalbums "The Ressurectionist/Night Raider" ist. Gerade die Box lohnt schon alleine wegen des 25-Minuten-Brockens auf der zweiten CD.