laut.de-Kritik

So klingt der Sommer: nervig und einnehmend zugleich.

Review von

Gute zwei Jahre nach dem beispiellosen Durchbruch gelingt es immer noch keinem, das Phänomen Cro adäquat in Worte zu fassen. Geschweige denn zu erklären, wieso gerade der Stuttgarter mit seinen kleinen, vermeintlich einfachen Ideen die ganz großen Massen magnetisiert. Daran dürfte "Melodie" wenig ändern. Die zweite Platte weicht vom leicht verdaulichen, aber schwer zu reproduzierenden Rap-/Pop-Gemisch keinen Zentimeter ab.

Auf dem zwei Jahre zurückliegenden "Raop" proklamierte Cro größtenteils seine blitzartige Übernahme des Rap-Games. Er sollte bekanntlich Recht behalten. Mit "Melodie" schlägt er folgerichtig erste Töne der Selbstreflexion an.

Gleich im "Intro - I Can Feel It" markiert der immer noch maskierte MC seinen kaum zu bestreitenden Status in der Szene, kontert Hater und Neider aus und blickt mit lässiger Arroganz auf all die mittelprächtig erfolgreichen Straßenrapper und Realkeeper herab:

"Das ist lächerlich / Komm mir wie du willst, doch ich battle nicht / Ich geh' lieber heim, schreibe nochmal 'nen Hit / und ich weiß, alle deine Homies rappen mit." Auch Schadenfreude wirkt ansteckend, wenn man sie nur richtig verpackt.

Stück für Stück lässt er in "Erinnerung" seinen kometenhaften Aufstieg Revue passieren und macht die wenig originellen Wie-Vergleiche mit einer exzellenten Hookline wett. Für den perfekten musikalischen Unterbau zeichnet hier Shuko verantwortlich, der sich bei "Melodie" auch sonst als tragende Stütze einbrachte. Bei weitem nicht nur in Insiderkreisen längst als einer der besten Hip Hop-Producer des Landes gehandelt, bekommen seine Instrumentals dank Cro nun endlich, was sie verdienen: maximale Aufmerksamkeit.

Neben besagtem Album-Highlight gehen auch das kraftvolle "Meine Gang (Bang Bang)" und das "Hard Knock Life"-Tribute "Never Cro Up" auf seine Kappe. Mit "Traum" schraubte er dem Maskenmann den perfekten Sommerhit. Mit Saxophon-Sample und starkem Sidechaining lässt er den jazzigen, bis ins Formatradio vorgedrungenen House anklingen, ganz ohne sich zu arg am Zeitgeist anzubiedern: ein Drahtseilakt, den Cro aber ganz unverkrampft vergoldet.

Eigentlich wollte der Anfang-Zwanziger mit "Melodie" auch sein persönliches Produzenten-Talent demonstrieren, so stehen der Shuko-Beteiligung acht eigene Beats gegenüber. Als gemeinsamer Nenner und roter Faden der Platte fungieren die überwiegend organisch, schlank und trocken gehaltenen Drumkits.

Dennoch gelingt Cro das Schaulaufen nur teilweise: Während etwa das Intro noch amtlich durch die Boxen wummert, fallen das Highschool-rockige "Jetzt" oder das kitschige "Vielleicht" klanglich wie auch geschmacklich ab.

Textlich sowieso. Weder "Jetzt", noch "Rennen" haben mehr zu bieten als das übliche, stark vereinfachte Plädoyer für den Moment, für Gegenwärtigkeit und Genuss. Zudem gab es im Deutschpop schon manch originellere Liebesklärung als "Hey Girl": "Wärst du 'n Leck, dann würd' ich sinken / Wärst du Eigenlob, würd' ich bitterböse stinken / Wärst du das große Meer, dann würd' ich fürchterlich ertrinken / und egal, wie klein du wärst, ich würd' dich irgendwann mal finden."

Für "Bad Chick" baute Cro Dr. Dres "Whats The Difference?"-Beat nach und stattete ihn mit einer recht flachen Story und einem unfassbar klebrigen Chorus aus. Dennoch dürften sich die meisten Hörer eines Nachmittags beim Mitsingen erwischen. Die Nummer wirkt nervig und einnehmend zugleich und treibt das Prinzip Cro damit auf die Spitze.

Überhaupt bleibt Deutschlands erfolgreichster Rapper vom perfekten Album ebenso weit entfernt wie schon mit "Raop". Doch hat irgendjemand ernsthaft etwas Anderes erwartet, als er im Frühjahr seinen Zweitling "Melodie" ankündigte? Fast schon provokant naiv kam der Albumtitel daher. Doch so einfältig er zunächst erscheinen mag, so gut funktioniert er als Antwort auf die allgegenwärtige Frage, was Cro denn nun vom Rest der Szene abhebt.

Auch wenn sich mittlerweile Dutzende deutsche MCs um gesungene Refrains bemühen: Keiner trägt sie so erfrischend vor wie der Chimperator-Goldesel. Fast jeder Song bringt eine oder gerne auch mehrere dieser Hooklines mit, deren Unwiderstehlichkeit Cros zweiten Streich allen Mängeln zum Trotz wieder zum langlebigen Sommeralbum machen wird.

Trackliste

  1. 1. Intro - I Can Feel It
  2. 2. Meine Gang (Bang Bang)
  3. 3. Erinnerung
  4. 4. Traum
  5. 5. Bad Chick
  6. 6. Never Cro Up
  7. 7. 2006
  8. 8. Cop Love
  9. 9. Hey Girl
  10. 10. Rennen
  11. 11. Vielleicht
  12. 12. Jetzt
  13. 13. Wir Waren Hier II
  14. 14. Melodie

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17 Kommentare mit 111 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    Wenn das alles nicht so kacke wäre, würde ich es nicht kacke finden. 'nuff said.

  • Vor 10 Jahren

    Schlager für Leute, die natürlich nie im Leben Schlager hören würden.

  • Vor 10 Jahren

    Bin heute mal auf's Ganze gegangen und vorhin schön prollig mit der Karre vor der Eisdiele vorgefahren, "Melodie" auf Anschlag im CD-Player am laufen. Tja, und was soll ich sagen? Es wirkt! Sofort bildete sich eine Traube aus leicht bekleideten Mittelstufenschülerinnen um meinen Wagen, schon beim ersten Refrain begannen die einige von ihnen, sich mit der Zunge über die popstick-gesüßten Lippen zu fahren und ihre Hintern in den abgeschnittenen Hotpants an meiner Autotür zu reiben Eine versuchte auch durchs Sonnendach auf den Beifahrersitz zu klettern um mit mir zu schwoofen - was durch ihr Hüftgold verhindert wurde.

    Ich fahre einen 2006er Hyundai Atos, Neupreis 7.999€

    Danke an Cro für das einzige Album, mit dem tatsächlich JEDER diesen Sommer bei den Mädels voll punkten kann!

    • Vor 10 Jahren

      Angeblich können durch zu viel Kontakt mit Clearasil die Fenstergummis Schaden nehmen. Hast Du davon schon was bemerkt?
      Gruß
      Skywise

    • Vor 10 Jahren

      *muahaha* Ich hoffe, du bist auf der guten Seite geblieben und hast widerstehen können...^^

      BTW.: Clearasil, verwendet man das heute tatsächlich noch? Gehn die nicht gleich zum Schönheitschirurgen...?

    • Vor 10 Jahren

      Das Zeug war ja immer ziemlich verschrien, aber hat mich dann doch ein paar Jahre begleitet. Bleibende Schäden hat's nicht verursacht. :D
      Ansonsten: soulburn fährt einen Hyundai. Was man hier nicht alles erfährt.

    • Vor 10 Jahren

      Tatsächlich fährt den eigentlich meine Mutter - für die dämliche Story brauchte ich aber ein möglichst unstylishes Auto.

      "I'll just fake it in the end, just save it for a new song (oder in dem Fall ne blöde Pointe :D )...". Oder so. Du fährst doch sicher längst Kombi oder Van, hmm? :D

    • Vor 10 Jahren

      Nee, seit ein paar Jahren nicht mehr. Bin vom Mazda 6 Kombi auf 'nen Peugeot 207 SW ungestiegen... Habe umsteigen müssen?! Traurige Geschichte, aber unter'm Strich ein Geschäft, dass ich nicht abschlagen konnte.

    • Vor 10 Jahren

      Da gab's mal so ne Axe Werbung, wo ein Typ sich mit dem Zeug vollsprüht und aus allen Himmelsrichtungen Hunderttausende von Weibern auf ihn zugerannt kommen. Läuft auf's selbe hinaus, nur dass Axe mindestens 3 Euro kostet und man sich das neue Cro Album für umme runterladen kann.

    • Vor 10 Jahren

      Puh, wenn es an diesen drei Buchstaben hängt, bringt mich bitte mit Axe in Verbindung, nicht mit Cro.