laut.de-Kritik
Frischer Wind mit genau einer Facette.
Review von Yannik GölzHip Hop verdörrt auf der Suche nach dem nächsten Spitter. Nach einer ganzen Ära an Songmachern, denen es vor allem um Stimmung und Beat geht, haben gerade wieder die wirklich rappenden Rapper Konjunktur – und dieser Trend gibt seltsamen Figuren Auftrieb. DaBaby ist einer der aktuellsten Dudes, die vor allem mit einem stringenten Flow und ein paar Humorpunkten Aufmerksamkeit verbuchen. Sein Debütalbum "Kirk" entlarvt die Vorschusslorbeeren des werdenden Stars allerdings als etwas zu eindimensional.
Eine ganze Riege Songs auf dem Projekt versuchen einfach nur, der nächste "Suge (Yeah Yeah)" zu sein. Die Nummer, die es im Sommer bis in die Top Ten geschafft hat, war der frische Wind, der zur Blaupause der DaBaby-Performance geworden ist. Minimaler, pumpender Beat ohne Schnörkel und Glanz, auf dem der Charlotte-MC seinen derben, aber leichtfüßigen Flow mit der Effizienz eines hochkompetenten Handwerkers aufführt.
Es ist nicht besonders kunstvoll oder elegant wie DaBaby rappt, aber dennoch macht es Eindruck. Einmal nach vorne geprescht, kurz einhalten, Adlib in die Pause und von vorne. Eine Struktur, die er immer mal wieder gekonnt für Pointen benutzt und die dennoch nie lahmt. Gerade auf Songs wie "XXL", "Off The Rip" oder "BOP" steht das für solide Unterhaltung mit eigenständigem Sound, macht zumeist aber eher Lust, noch einmal die Hits von "Baby On Baby" zu hören.
Wirkliche Highlights entstehen nur vereinzelt. Sein North Carloina-Zögling Stunna4Vegas, der erst mit dieses Jahr mit seinem gekonnten Debut "Big 4x" von sich reden machte, spornt den Chef zum Volldampf an. "Prolly Heard" hat eines der interessantesten Samples und die vielleicht beste, zitierbarste Hook des Projekts und klingt für sich wie der nächste Hit-Kandidat, wäre da nicht die Migos-Kollabo "Raw Shit", auf der das Atlanta-Trio das erste mal in einer ganzen Weile wieder so hungrig wie 2017 klingen.
Tatsächlich teilt Baby im Moment ein paar Symptome mit der Karriere der Migos. Ist er hungrig und klingt, als hätte er etwas zu beweisen, ist der Mann eine Macht, mit der es zu rechnen gilt. Trotzdem gibt es nur so viele Facetten, die er zufriedenstellend auszufüllt – und im Moment dampft er die Szene mit einem durchschnittlichen Feature nach dem anderen zu. Und klar, 2016 und 2017 schrien die Fans auch noch nach mehr Offset-Verses und mehr Quavo-Hooks. Aber ob diese Nachfrage der Übersättigung standhält, muss DaBaby noch beweisen.
Wenig Grund für Optimismus liefern hier nämlich seine Versuche, von seiner 50 Cent-esken Schabernack-Gangster-Sparte auszubrechen. "Intro", von dem das Internet fragwürdiger Weise begeistert war, ist ein schräger Realtalk-Versuch mit unnötig pathetischem Beat und zwar solidem Inhalt, der sich aber nicht zu knapp mit seiner gedrungenen, Deadpan-Delivery beißt. Genauso emanzipiert sich ein Song wie "Gospel" mitsamt schmalziger YK Osiris-Hook überhaupt nicht von seinem fehlenden Ernst.
Immer wieder klingt es auf "Kirk" so, als wolle DaBaby ernstere Töne anschlagen, nur um dann festzustellen, dass seine Lockerheit und sein loses Mundwerk in Tandem mit seinem recht wandlungsarmem Flow nicht der beste Fit dafür sind. Deswegen bewegen sich weite Teile dieses Albums in bekanntem Fahrwasser, die zwar kompetent, unterhaltsam und beizeiten wirklich eingängig sind, aber bislang wenig Anlass bieten, noch viel größere Taten von DaBaby zu erhoffen.
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