laut.de-Kritik
Heimat ist kein Ort.
Review von Josephine Maria BayerWer mit mehr als einer kulturellen Identität aufgewachsen ist, kennt die Frage "Wo gehöre ich eigentlich hin?" Ist es das Land, in dem ich groß geworden bin oder die Kultur meiner Eltern? Daada kennt diese Fragen nur zu gut. Die Wahl-Berlinerin mit deutsch-kolumbianisch-tansanischen Wurzeln spricht vier Sprachen fließend. Ihre Songs, eine Mischung aus Afro-Pop und Reggaeton, singt sie mal auf Spanisch, mal auf Englisch, mal auf Suaheli, und Deutsch darf natürlich auch nicht fehlen.
Ein Beispiel: "Every day vier und zwanzig sieben / Triple seven, his eyes light up when I speak Spanish / Mírame, soy suave y linda." Alles auf einer Sprache zu singen, würde sich für sie oft zu direkt und verletzlich anfühlen. Das Wechseln zwischen den Sprachen sei manchmal wie ein Schutzmechanismus, erzähllte sie in unserem Interview.
Versteckt sie sich also? Im Gegenteil: Ihre EP "Corazonada" spiegelt ihre Identität, die aus zahlreichen, gleichwertigen Puzzleteilen besteht. Ließe man eines weg, würde etwas Entscheidendes fehlen. Sie singt über die Herausforderungen ihres internationalen Alltags: Fernbeziehungen, die nur dank Facetime überleben, und die Sehnsucht nach Tansania, wo nicht der kalte Berliner Herbst, sondern Wärme und Weite den Alltag bestimmen.
Durch die fünf Tracks zieht sich ein roter Faden: das Gefühl, einem inneren Impuls zu folgen. Der spanische Begriff "Corazonada" bedeutet so etwas wie "Bauchgefühl". Dieses nennt die 26-jährige Sängerin einen essenziellen Bestandteil, um erfolgreich durch die turbolenten Zwanziger zu navigieren.
Mit dem Opener "Tension" interpretiert Daada einen traditionellen kolumbianischen Tanz neu, den Porro Magangaleño. Das sampleartige Intro entstand in Zusammenarbeit mit ihrem Bruder, der seine Parts mit den AirPods aufnahm. Für Daada hat er eine besondere Bedeutung: "Der Porro vereint drei Welten – indigene Einflüsse, spanische Kolonialgeschichte und karibisch-afrikanische Rhythmen. Ich finde es schön, dass in diesem Song – wie in mir – Europa, Afrika und Lateinamerika zusammenfließen."
"Angelito" verbindet treibende Reggaeton-Rhythmen mit einer zarten Liebeserklärung: "Nakupenda malaika" ("Ich liebe dich, Engel"). "Our Song" drängt sich mit hämmernden Club-Beats und Synths etwas auf. Der englische Titel täuscht, denn der Text ist vollständig auf Spanisch. "Facetime" bleibt mit seiner Mischung aus sinnlicher Flamencogitarre, sanften Beats und einer eingängigen Hook ("My baby, long di-di-distance baby") im Ohr. Daadas Songs wirken wie Momentaufnahmen eines Lebens zwischen Kontinenten: mal tanzbar, mal melancholisch, aber immer ehrlich.


 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
		
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