laut.de-Kritik

Synthie-Luftgitarre raus und ab gehts.

Review von

Daft Punk sind mächtig. Der nächste elektronische Heilsbringer mag demnächst vom Himmel fahren. Die Clubs wird er aber mit Sicherheit nicht so bomben wie der Vorbote des dritten Daft Punk-Albums. Die Sprache von "Robot Rock", die Rock-Icons als elektronische Tanzmusik buchstabiert, ist international. Daft Punk brauchen sich nicht wortreich zu erklären: der Groove sagt alles.

Die einzigen Hürden, die Thomas Bangalter und Guy Manuel de Homem-Christo nehmen müssen, sind die eigenen Meilensteine - schließlich klingt niemand so wie die Franzosen. "Human After All" positioniert sich insofern zwischen den Vorgängeralben. Das erschlagend coole Debüt "Homework" ebnete dem Alternative-Publikum 1997 mit roughem Sound den Weg auf den Housefloor. "Discovery" verscheuchte jene fünf Jahre später wieder mit überbordender Harmoniesucht und einem bis dato nicht gehörten, endlosen Heavyrock-Synthie-Solo ("Aerodynamic").

"Human After All" überrascht vor diesem Hintergrund soundtechnisch weniger, steht aber wie ein Fels in der Brandung: dreckig, fast minimal treiben Daft Punk den Rock tief in den Dance (von den Elektro-Balladen "Make Love und "Emotion" mal abgesehen). Statt den Mainstream erneut mit "One More Time" zu unterwandern, schlagen sie mit Bitcrusher, Distortion oder hochgepitchen Vocal-Effekten ("Technologic") zu.

Aus dem interstellaren Abenteuer kehren "The Brainwasher" und "Steam Machine" rumpelnd und heiser stampfend auf den Dancefloor zurück. "Robot Rock", "Television Rules The Nation" und der fette Titeltrack "Human After All" rotzen ähnlich, weisen aber jene zeitlos eingängigen Licks auf, die Daft Punks Ruhm mit begründen. Spannend bleibt hier die Nähe von verfremdeten Vocals, Synthielines und elektronischen Gitarren, deren Grenzen seit "Discovery" gerne verwischen.

"Make Love" hört sich dann genauso an: ein sich ewig wiederholendes Liebesspiel. Musikalisch bedeutet das vielleicht Langeweile pur. Allerdings zeigt die Elektro-Bitcrush-Orgie "The Prime Time Of Your Life", dass manchmal eine Hookline genügt - wenn es die richtige ist. Gegen Schluss läuft der Track völlig aus dem Ruder und treibt die Funktion der kontinuierlichen BPM-Beschleunigung ad absurdum, bevor ein elektronischer Rock'n'Roll-Schluss den Hörer erlöst.

Daft Punk ziehen das Prinzip der Wiederholung diesmal überdeutlich durch: songorientierte Strukturen dehnen sich mantramäßig auf Tracklänge aus. Zudem geht das Duo sofort in die Vollen und hält ohne viel Dynamik den Level: statt vielen Breaks wirkt die einzigartige Essenz in der Endlosschlaufe. Wen das "nicht umhaut": weiter schmollen. Der Rest packt die Synthie-Luftgitarre raus und ab gehts.

Trackliste

  1. 1. Human After All
  2. 2. The Prime Time Of Your Life
  3. 3. Robot Rock
  4. 4. Steam Machine
  5. 5. Make Love
  6. 6. The Brainwasher
  7. 7. On/Off
  8. 8. Television Rules The Nation
  9. 9. Technologic
  10. 10. Emotion

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3 Kommentare

  • Vor 19 Jahren

    Kein DP-Thread bis jetzt?

    Hab mir "human after all" angehört und war nicht sonderlich begeistert

    das meiste hörte sich irgendwie nach kraftwerk oder nach nem missglückten Experiment von nen paar Studenten - was wohl irgendwie aufs Gleiche rauskommt :D

    Daft Punk wollen ja neuerdings wie früher klingen...was wohl stimmt...trotzdem hat's irgendwie an Innovation gemangelt

    Bester Song: Make Love

    ...weil er wirklich raussticht

  • Vor 19 Jahren

    Doch, gab einen. Verschwand aber schnell in der Versenkung, glaub ich.

    Hm, ich mag das Album, auch wenns weder mit Homework oder Discovery mithalten kann.

    Dass dir (nur gerade) Make Love gefällt ist eigentlich nicht so verwunderlich. Is bei Daft Punk halt so, dass man sich erst immer an das leichtverdauliche Material hält, aber irgendwann blickt man auch bei den Tracks, die erst mal nur an den Nerven zerren, durch :D

    Meine Favoriten:

    Human After All

    ... erinnert an Da Funk, jedenfalls sehr gelunger Einstieg, wird immer besser.

    The Prime Time of Your Life

    ... sehr groovig, schöner Loop. Das simple, nervende Tempopitching gegen Schluss hätte nicht unbedingt sein müssen. :hangover:

    Make Love

    ... der ruhigste Titel auf dem Album, ziemlich gelungener Piano-Loop, sehr stimmungsvoll. Und auch der einzige Track, der mir eigentlich von Anfang an gefiel.

    Aus der Stimmung wird man dann gleich von The Brainwasher gerissen. Was die sich dabei gedacht haben, weiss ich auch nicht. Ziemlich verrückt, durch nen heftigen Filter gejagt, wohl der härteste Titel :hangover: ... ziemlich eingängig, aber mags nicht so. Genausowenig wie Television Rules The Nation.

    Technologic und das elektropoppige Emotion würd ich auch zu den besseren Tracks zählen.

  • Vor 19 Jahren

    Hab es jetzt 1 mal durchgehört. erster Eindruck: Die Songs hören sich alle sehr gleich an. Wenn im Club ein Track kommt, is es bestimmt recht gut, für daheim zum Durchhören: Ne du!