laut.de-Kritik
Funkelnde Dynamik und Vocals, die sich einbrennen.
Review von Philipp KauseDanny Bryant lässt seine Lead Guitar donnern und gibt im "Drown (Jam)" einen knappen zweiminütigen Anriss dessen, was er live bietet: improvisierte Ekstase schwermütigen Lärms. Bryant kann's im Ausmaß des dargebotenen Leids mit Walter Trout aufnehmen, entscheidet sich dabei aber gerne für die Ballade, nah am Heul-Modus vorgetragen in "Julienne", eruptiv und mit Nachdruck in der Stimme bei "Louise". Jene beiden Frauen glänzen durch Abwesenheit. Auch hier darf man jeweils zu Gitarren-Soli durchatmen, die mal Gary Moore-Stimmung, mal Counting Crows-Intensität aufkeimen lassen. Ein tatsächliches Vorbild, zu dem sich Danny, 43, aus dem Großraum London, bekennt, ist Buddy Guy. "Er konnte seine Gitarre flüstern und schreien lassen", erklärte Bryant mal in einem Interview mit 'Gitarre & Bass'.
Entsprechend pendelt sich auf Dannys 13. Album "Rise" eine Balance zwischen Soul-Anteilen und Rock-Ausdrucksweise ein, etwa wenn er dem "Animal In Me" auf die Spur geht. Der glänzende Höhepunkt der Platte ist erreicht, wenn der Singer/Songwriter mit der hellen, gebrochenen, oft gequält klingenden Stimme davon berichtet, in einen Sog gezogen zu werden. "Into The Slipstream", 'Fahrtwind', so könnte man das auch übersetzen, etwas, das seine Eigendynamik entfacht, wie z.B. bei einem Flächenbrand ("fire burns bright" singt er auch), oder wogegen man sich schwer erwehren kann, im übertragenen Sinne Emotionen, die sich hoch schaukeln. Weit weniger tänzelnd versonnen als etwa bei Van Morrisons "Queen Of The Slipstream": Bryant krächzt sich die Kehle aus dem Leib.
Der Titeltrack rammt die Riffs als rauer Stomper im Stile Stevie Ray Vaughans in die Erde, philosophiert über den "hard way to go". 'Was dieser Typ hier wohl durchgemacht haben muss', fragt man sich beim Hören. Neben allen ausgesprochen starken Tracks muss man das Dylan-Cover "I Want You" besonders würdigen. Denn aus dem frühen, recht schnell gespielten und knappen Stück von 1966 zaubert Bryant eine sphärische Ballade mit viel Atmosphäre, durch abweichende Betonungen im Vortrag, Änderungen in der Melodie, durch andersartige Instrumentierung, ein Akustik-Solo, Background-Chor, kämpferische Vocals, doppelte Länge und das sehr gedimmte Tempo erkennt man das Original kaum wieder. Und in Farben ausgedrückt: Wo Dylan eher zitronengelb fröhlich aufspielt, taucht Danny das Stück in indigoblaue Melancholie.
"Mein Label und ich waren uns einig, dass jeder eine etwas stärker produzierte, vielschichtiger klingende Platte wollte, ohne dabei meinen Sound zu vernachlässigen", kommentiert der Künstler, der bei dem Freiburger Label Jazzhaus unter Vertrag steht. Eine gute Entscheidung war es, die Stilpalette aufzufächern und Jamie Pipe an Hammond-Orgel und Klimper-Piano ebenso viel Raum zu lassen wie Dave Raeburn bei seinem trockenen Schlagzeug-Spiel. Die Kontraste zwischen den beiden Musikern arbeitet zum Beispiel "Silver And Gold" sehr vorteilhaft heraus. Das Ergebnis auf dem ganzen Album setzt sich zusammen aus funkelnder Dynamik und Vocals, die sich einbrennen. Wer Danny Bryant bisher nicht entdeckt hat, bekommt hier mit einem Werk aus den qualitativ obersten zehn Prozent aller Blues-Scheiben eine super Gelegenheit.
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