laut.de-Kritik
Seine Produzenten überzeugen mehr als der Rapper selbst.
Review von Florian DükerKönnte man die Aussagen und Social Media-Verkündigungen von deutschen Rappern für bare Münze nehmen, dann wäre "Soko Disko" das letzte Album, das der Stuttgarter Rapper Dardan jemals aufnehmen wird. Um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, den Hype um das eigene Release zu steigern und die Verkäufe ihrer Deluxe-Boxen anzukurbeln, geben hiesige Sprechgesangsartisten allerdings auch so einigen Schwachsinn von sich. In diese Kategorie lässt sich wohl Dardans Ankündigung einordnen, "Soko Disko" sei sein letztes Album, weil er "einfach kein Bock mehr auf die Scheiße" hat. Bei der Scheiße, auf die der anscheinend sehr zart besaitete Rapper keine Lust mehr hat, hatte es sich einfach nur um einen technischen Fehler bei der Veröffentlichung seiner "Soko Disko"-Single "FAVELA" gehandelt, durch den der falsche Song hochgeladen wurde.
Mit dem Karriereende zu drohen ist ein altbewährter Trick deutscher Rapper, der in 99 Prozent der Fälle nicht mit dem tatsächlichen Karriereende des jeweiligen Künstlers endet. Auch in Dardans Fall ist davon auszugehen, dass der Stuttgarter seinen Fans erhalten bleibt. Dafür ist Mr. Dardy, wie er sich auch auf "Soko Disko" wieder nennt, sowieso viel zu erfolgreich. Die vorab veröffentlichten Singles samt Hochglanz-Musikvideos schlugen zum Großteil voll ein. Besonders "6AM........." stellte eine echte Überraschung im positiven Sinne dar. Als technisch versierter Straßenrapper mit ratternden Flows machte Dardan 2017 durch "Hallo Deutschrap" auf sich aufmerksam. Drei Jahre später klingt er auf "6AM........." erwachsener und beweist auf einem sehr gelungenem Instrumental des Produzenten Menju sein Ohr für Melodien.
"H O T E L", eine Zusammenarbeit mit Monet192, schlägt eine ähnliche Richtung ein. Langgezogene Synths dienen als Basis für Dardans Vergleiche der Kälte seiner Seele mit dem "Whiskey Bourbon in der Minibar". Es gelingt den beiden, mit ihren Texten auf den dazu passenden, düsteren Beats Bilder im Kopf des Hörers zu erzeugen.
Gelungene Experimente wie "6AM.........", "H O T E L" oder "WIE LANG?????????", alle drei von Menju produziert, bilden allerdings die Ausnahme auf dem 21 Tracks starken und mit fast einer Stunde zu lang gewordenen dritten Album des Stuttgarters. Stattdessen geraten zu viele Songs so stillos wie das Albumcover. Auf "GIB MIR NICHT DIE SCHULD" zum Beispiel strapaziert Featuregast Loredana mit ihrer Hook "Gib mir nicht die Schuld dafür, dass dein Leben nicht so geil ist wie meins" und einem gelinde gesagt mittelmäßigen Vers die Nerven. Das darauffolgende "D A YYY T O N A" wartet mit einem Ohrwurm-Chorus auf, der unangenehm hängen bleibt.
Über weite Strecken wirkt Dardans Musik wie Füllmaterial, lahm und kein bisschen innovativ. Dazu zählen Songs wie "PAPARAZZI", "JALACE INTERLUDE", "BANDANA" mit Patron, "1.000.000 $", "AUGEN" oder "YING & YANG", in dem Dardan Belangloses rappt wie "Ich zieh' dich aus, denn deine Aura zieht mich an / An jedem Tag mit dir fängt für mich ein neues Kapitel an / Du erfüllst mich, ich war leer, dafür vielen Dank / Ich verlier' so gerne, nur dass du gewinnen kannst" oder "deine Ecken passen gut zu meinen Kanten".
Immerhin wird "YING & YANG", genauso wie "WIE LANG?????????", am Ende durch ein für Deutschrap eher ungewöhnliches Gitarrensolo bereichert. Unerwartete Momente wie die genannten Gitarrensoli oder auch das erfrischende Saxophonsolo auf "FAVELA" stechen positiv heraus. Ansonsten biedert sich die Platte eher an aktuelle Trends an.
Erwähnenswert sind noch das sommerliche "FLUG 93", aufgrund des Textes höchstwahrscheinlich für die weiblichen Fans gedacht, sowie die Kollaborationen mit SSIO auf "MANCHMAL :)" und mit dem französischen Rapper Heuss L'enfoiré auf "ALEXANDER MCQUEEN". Beide Songs klingen, als hätten die Beteiligten Spaß gehabt und wissen diesen auch zu vermitteln.
Wer sich übrigens fragt, warum das Album "Soko Disko" heißt, erhält auf dem Intro - einem kurzen Skit, in dem die Stimmen von Polizisten und der Einsatz einer Sonderkommission zu hören ist - eine ziemlich unbefriedigende Antwort. Wer dahinter ein Konzept erwartet, das Dardan im Laufe des Albums nochmals aufgreift, wird enttäuscht. Insgesamt überzeugen auf Dardans Album eher seine Produzenten als der Rapper selbst. Sollte er seinen Worten, "Soko Disko" sei sein letztes Album, Taten folgen lassen, dürften ihm nur eingefleischte Fans nachtrauern.
6 Kommentare mit 5 Antworten
1/5 für "Mr. Dardy". Zuffenhausen ist Schrott!
Ich fand Mr Dardy noch ganz cool
Man fragt sich auch, was Menschen wie der gute Dardan machen, wenn sie wirklich Mal ihre Karriere beenden. Wieso im Döner Laden von Onkel Ali arbeiten? Ist ja nicht so, dass die auf viele Alternativen zurückgreifen können und deswegen die Musiker Karriere zu beenden hieße sie würden ähnlich gut Geld verdienen, wie sie es jetzt mit dem 15 jährigen Geld aus der Taschen ziehen tun.
Reinigungskraft bei irgendeinem Automobilzulieferer vmtl.
Eigentlich sollte er jeden Tag zu seinem Gott beten, dass er mit seinem Wackrap wenigstens ein paar Taler genererieren und halbwegs davon leben kann, anstatt so ein frecher, wichtigtuerischer Bengel zu sein.
Ist der jetzt freiwillig Schamhaar-Rapper geworden, der hat doch eigentlich glatte Haare? Also, ich mein ja nur. Und sollen diese komischen Photoshop-Effekte seinen 'Drip' darstellen?
Hab gehört Mero macht Schamhaar-Double für 5k.
Hab ja keine Ahnung von Rap, aber ist das CD-Cover nicht ziemlich... äh ja... sagen wir mal "nicht zielgruppenorientiert". Hab zumindest beim ersten Anblick an einen eitlen Fußballer gedacht, der beim kleinsten Touchieren des Gegners auf dem Feld liegend "Mimimi" macht, weil seine Frisur möglicherweise nicht mehr sitzt.
@Ideocracy:
Komisch, meine erste Assoziation war "Bukkake-Cover".
Da paßt der Fußballer aber eigentlich so gar nicht hin.
Gruß
Skywise
Läuft konstant. Paparazzi killt alles
4/5